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datierte diese Ware versuchsweise in das
12./13. Jh. Eine frühere Entstehung ist aber
nicht ausgeschlossen. Aus einem anderen
Töpferzentrum stammt eine Bodenscherbe
mit Marke (Abb. 4, 3). Außerdem wurden
sechs atypische schwarze Scherben mit
nur 2 mm starker Wandung gefunden. Die-
se besonders durch die rauhe Oberfläche
gekennzeichnete Ware kann nicht vor dem
13. Jh. entstanden sein. Auch im Schiff,
wo der dem nach Westen ansteigenden
Geländeprofil
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wahrscheinlich folgende
Boden nicht erhalten war, wurden neben
Kleintierknochen einige Scherben gefun-
den, unter denen sich 3 bis 4 römische be-
fanden (Abb. 4, 1.4.6). Die mittelalterliche
Keramik war hauptsächlich durch vier
Scherben der dünnwandigen Ware, darun-
ter ein Randprofil (Abb. 4, 9) vertreten.
Grundriß und Mauertechnik der ersten
Kirche passen sehr gut zu dem von der Ke-
ramik nahegelegten Ansatz in das 13. Jh.
Der Bau ist demnach nur umwesentlich äl-
ter als seine erste urkundliche Nennung
(1308).
Zu einem späteren Zeitpunkt wurde dem
romanischen Schiff im Westen ein durch-
schnittlich 0,50 m breites Fundament aus
in hellgrauem Mörtel gebetteten, meist
kleineren Steinen, vereinzelt auch Ziegeln,
vorgelegt, das im Süden wie das ältere um-
biegt. Die zeitliche Abfolge ergibt sich
daraus, daß der Mörtel des schwachen
Fundaments stellenweise das ältere über-
lagert. Es muß offenbleiben, weshalb es zu
diesem Umbau gekommen ist und wie die
romanische Westwand in diesen integriert
worden ist.
Es fällt auf, daß der archäologische Be-
fund sowohl für diese als auch für die äl-
tere Phase Hinweise auf einen Vorbau
gibt, der vielleicht, auch was seine Funk-
tion anbelangt, im gotischen Nachfolger
übernommen worden ist. Dessen in-
schriftlich in das Jahr 1666 datierter
Dachstuhl wird einen älteren ersetzt haben.
In diesem Raum findet noch heute am
Karsamstag die Verteilung kleiner Brote
statt, ein Brauch, dessen Ursprung verges-
sen ist und der vielleicht, wie F. Kollreider
vermutete, auf eine grundherrschaftliche
Verpflichtung zurückgeht.
Wahrscheinlich durch den nach Norden
abfallenden Hang bedingt, muß die Nord-
wand des romanischen Schiffes noch spä-
ter so schwere Schäden davongetragen ha-
ben, daß eine neue, nach Süden versetzte
Mauer errichtet werden mußte. Das zu-
gehörige Fundament (Abb. 2.3) ist nur
0,50 bis 0,60 m breit, reicht aber viel tiefer
hinunter als das der romanischen West-
wand, die im Nordosten von der jüngeren
Konstruktion etwas überlagert ist. Außer-
dem hob sich die jüngere Phase von der äl-
teren durch den hellgrauen Mörtel ab.
Beide Umbauphasen lassen sich zeitlich
nicht genauer eingrenzen. Das heute vor-
handene Schiff wurde, nach den Baufor-
men zu urteilen, in der Spätgotik von der
Görzer Bauhütte errichtet. Als Auftragge-
ber ist der Lienzer Stadtrichter der Jahre
1528 und 1537 – 47, Andrä von Graben,
durch dessen auf dem Tuffsteinsockel an
Nummer 12 –– 64. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
Abb. 4: Oberlienz, St. Helene, Fundkeramik. Maßstab 1:2.
Katalog:
Abb. 4, 1: Deckelbruchstück. Ton rötlich-
beige, wenig mit sehr feinem Sand gema-
gert, hart gebrannt, scheibengedreht. Rö-
misch, 2./3. Jh.
Abb. 4, 2: Randscherbe von einem Topf.
Ton graubraun, stark mit kleinen Stein-
chen gemagert, handgeformt.
Abb. 4, 3: Bodenstück mit Marke. Ton im
Bruch schwärzlich, Oberfläche grau-
braun, mit grobem Sand gemagert, hand-
geformt.
Abb. 4, 4: Wandungsscherbe mit Boden-
ansatz von einem Topf. Ton dunkelgrau,
stark mit Sand und auf der Innenseite aus-
gewitterten Kalkstückchen gemagert,
scheibengedreht. Römisch.
Abb. 4, 5: Zwei zusammenpassende Scher-
ben von einer Dreifußschale. Ton wie 4,
handgeformt, nachgedreht. Römisch.
Abb. 4, 6: Randscherbe von einer großen
Schale. Ton rötlichbeige, schwach mit
Sand und kleinen ausgewitterten Kalkpar-
tikeln gemagert. Oberfläche geglättet. Rö-
misch.
Abb. 4, 7: Wandungsscherbe von einem
Topf. Ton graubeige, stark mit kleinen
Steinchen gemagert, handgeformt.
Abb. 4, 8: Randscherbe von einem Topf.
Ton graubraun, stark mit Sand und kleinen
Steinchen gemagert, handgeformt.
Abb. 4, 9. Randscherbe von einem Topf.
Ton schwärzlich, stark mit Sand und kleinen
Steinchen gemagert, sehr rauhe Oberfläche.
Abb. 5: Romanischer Schlüssel.