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Nummer 5/1999
67. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Vorbemerkung
Neue Erkenntnisse des Verfassers über
diesen beinahe vergessenen Künstler des
ausgehenden Biedermeier rechtfertigen es,
bisher Bekanntes kritisch bearbeitet und
ergänzt dem interessierten Leser zu prä-
sentieren. Eine Erweiterung, abgerundet
durch ein Verzeichnis seiner Bilder, ist
vorgesehen.
Der Sattler Joggl
1
Jakob war das zweite von neun Kindern,
das Maria, geb. Steiner, am 17. Oktober
1814 ihrem Gatten Anton Wibmer, vlg.
Sigler/Sattler, schenkte. Der Gatte war
Braumeister, später auch Weiderichter und
gehörte wohl zu den wenigen Begüterten
des durch Franzosenkriege und seine Fol-
gen ausgeschundenen Marktes Windisch-
Matrei
2
(heute: Matrei in Osttirol). Als
Taufpaten wählte der Sattler
3
Tonik
4
für
das Joggerle
5
den ebenfalls angesehenen
Polizeikommissär Anton da Lasser aus Li-
enz, der sich bei der Taufe durch seinen
Bruder Jakob, Wibmers Nachbarn, vertre-
ten ließ.
Über Kindheit und frühe Jugend des
Sattler Joggl, die er weitgehend in Win-
disch-Matrei verbracht haben dürfte, ist
weder Mündliches noch Schriftliches
überliefert. Manche Aufzeichnung darüber
dürfte in Matrei 1897 ebenso dem
Großbrand zum Opfer gefallen sein wie
Gemälde Wibmers
6
.
Es findet sich auch heute immer wieder
bei Osttirolern eine besondere musische
Begabung. Wir dürfen vermuten, daß auch
Joggls künstlerisches Talent, geübt an
Land und Leuten seiner malerischen Ge-
birgsheimat zwischen Großglockner und
Großvenediger, erkannt und verständnis-
voll gefördert wurde; gewiß vom Eltern-
haus, sehr wahrscheinlich aber auch von
seinem Lehrer.
Vermutlich vom Vater und vom Paten
mit den notwendigen finanziellen Mitteln
ausgestattet, verließ Jakob sein Elternhaus,
Markt Nr. 9 (heute: Hintermarkt Nr. 8),
um in der Ferne eine künstlerische Lauf-
bahn zu beginnen.
Am 9. Feber 1835 starb der Vater. Spä-
testens danach müßte Jakob aus seinem
Heimatort aufgebrochen sein. Wann er
aber tatsächlich das klimatisch rauhe, von
ernsten Bergen umgebene, freundlich ge-
legene Windisch-Matrei verlassen hat,
wissen wir noch nicht. Auch nicht, welche
Route er nach Wien nahm; ob entlang des
historischen Salzweges über den oft un-
wirtlichen Felbertauern ins Salzburgische
oder durch Kärnten wie 1835 sein Lands-
mann, der bekannte Bildhauer Josef Gas-
ser von Wallhorn, wie P. Ortner in den
„Heimatblättern“ (1950) berichtet.
Als Kunststudent in Wien
„Wibmer Jakob, Sohn des Anton Wib-
mer verstorbenen Bierbrauers gebürtig von
Windischmattrey in Tyrol, 20 Jahre alt,
katholischer Religion, wohnt auf der
Wieden Alleegasse No. 75.“ Mit dieser
Eintragung vom 25. März 1835 in das
„Aufnahmeprotocoll der k.k. Academie
für bildende Künste in Wien“ beginnt der
junge Jakob Wibmer seine akademische
Ausbildung, die den Studenten unentgelt-
lich gewährt wurde.
Zunächst erhielt er elementaren Zeichen-
unterricht. Im Jahr darauf, 1836, ist er Stu-
dent der Klasse für „Historische Zeichen-
kunst“ (Antikenzeichnen) von Prof. Leo-
Horst Biemann
Jakob Wibmer – ein Osttiroler Maler
in der Steiermark
Windisch-Matrei, undeutlich signiert und datiert, Öl/Leinwand, 47 x 60,5 cm.
(Privatbesitz)