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INTERVIEW
PUSTERTALER VOLLTREFFER
NOVEMBER/DEZEMBER 2014
20
Ideen sind irgendwie aus dem
Leben gegriffen. Manchmal in-
spiriert mich etwas Gesehenes,
Gelesenes, Erlebtes. Manchmal
ist es einfach ein Gedanke, aus
dem plötzlich etwas Größeres,
Erzählerisches wird. Auf in-
direkte Art und Weise wird
man als Schreibender immer
irgendwie inspiriert – schon
eine kleine Geste kann viel be-
deuten. Eines ist dabei aber
immer wichtig: Es ist und
bleibt Fiktion, etwas Erfunde-
nes, Erdachtes. 1:1 das Leben
zu kopieren wäre dann auf
Dauer doch zu fad.“
Was wollen Sie im Leser
generell bewirken?
Klammer:
„Der Anspruch,
bei Lesern durch Literatur
etwas zu bewirken, ist ein sehr
hoher, der nur schwer zu errei-
chen ist. Man kennt das auch
von sich selbst: Durch die me-
diale Reizüberflutung und das
Überangebot an Texten, Bildern
und Videos kann man sich mitt-
lerweile nur mehr schwer für
etwas begeistern. Alles ist
schnell konsumiert und gleich
schnell auch wieder vergessen.
Deshalb geht es mir in meinen
Texten weniger um die Verbrei-
tung einer gewissen Moral, das
will ich mir als noch junger
Autor auch nicht herausneh-
men. Mir geht es darum, dass
meine Leser unterhalten und
von der Sprache mitgenommen
werden und sich vielleicht
beim Lesen die ein oder andere
Emotion (von Glück bis Trau-
rigkeit) entwickelt – das wäre
schön.“
Wann schreiben Sie am lieb-
sten?
Klammer:
„Als ich mit dem
Schreiben begonnen habe, fing
ich meistens abends damit an
und schrieb bis tief in die Nacht
hinein. Mittlerweile funktio-
niert der Schreibprozess auch
untertags an Wochenenden
ganz gut, sofern ich wirklich
die Zeit dafür finde, mich voll
und ganz auf einen entstehen-
den Text zu konzentrieren.“
Herr Klammer, seit wann
schreiben Sie?
Klammer:
„Grundsätzlich
begann ich bereits sehr früh mit
dem Schreiben. Ich habe schon
als Achtjähriger meine ersten
Kurzgeschichten verfasst und
mir schon sehr früh das Lesen
angeeignet. So richtig dem
Schreiben verffallen bin ich
aber erst wieder während mei-
ner Studienzeit, in der auch
mein erster Roman ‚Der Mini-
malismus der Dinge‘ entstand.“
Warum schreiben Sie?
Klammer:
„Texte üben auf
mich seit jeher eine gewisse
Faszination aus und begleiteten
mich mein ganzes bisheriges
Leben immer irgendwie. Schrei-
ben ist eine Ausdrucksform, die
es einem einerseits ermöglicht,
der Realität für eine gewisse
Zeit einfach mal den Rücken zu-
zuwenden und andererseits den
Horizont zu öffnen, indem man
seine ganz persönlichen Figuren
entwickelt und ihnen Leben ein-
haucht. Ich sehe das Schreiben
überhaupt nicht als Therapie, als
Selbstverwirklichung oder Ähn-
liches. Manche Geschichten
müssen einfach erzählt werden,
und wenn sich eine solche Ge-
schichte im Kopf entwickelt,
kann man einfach nicht mehr
anders.“
Worum geht in Ihrem neuen
Roman?
Klammer:
„,Ein guter Tag
zum Fliegen‘ erzählt die Ge-
schichte eines Einzelgängers,
der wegen der Krebserkran-
kung seines Bruders zur Gänze
aus seinem alltäglichen Leben
gerissen wird. Er vegetiert
dahin, findet keinen Halt mehr
in Zeit und Ort und versucht Er-
innerungen am Leben zu halten,
indem er sich alte CD-Sprach-
aufnahmen seines kranken Bru-
ders immer und immer wieder
anhört. So lange, bis er nicht
mehr zwischen Realität und
Fiktion unterscheiden kann. So
lange, bis etwas passiert, das
sein Leben verändert... Ja, und
dann ist da noch Sui, ein kleines
Mädchen, das ebenso unter einer
tödlichen Krankheit leidet, und
unserer Hauptfigur noch einmal
neuen Schwung verleihen wird.
‚Ein guter Tag zum Fliegen‘
unterscheidet sich vor allem in
sprachlicher Hinsicht von den
bisher erschienenen Büchern.
Die Sprache ist klarer, gerader,
und wenn man so will, auch ein-
facher zu lesen. Inhaltlich wird
kapitelweise immer noch viel
hin und her gesprungen, aber die
Sprache ist aus meiner Sicht
etwas zugänglicher geworden.
Zumindest dieses eine Mal.“
Woher nehmen Sie Ihre
Ideen, Inspirationen?
Klammer:
„Das klingt viel-
leicht langweilig, aber meine
Der Pustertaler Mathias Klammer
brachte seinen dritten Roman
unter dem Titel „Ein guter Tag zum
Fliegen“ heraus. Der „Kreative in
einer Kommunikationsagentur“,
wie sich der gebürtige Leisacher
selbst beschreibt, ist allerdings
erst 26 Jahre alt.
Mit 26 Jahren seinen dritte
Foto: Arno Müseler