Seite 34 - VP_2013_04

Basic HTML-Version

Am 17. Oktober wird der Ka-
lender (erschienen im Eigen-
verlag Creart Luttach) in der
Aula der Mittelschule von St.
Johann vorgestellt. Beginn ist
um 19.30 Uhr. Auf jedem Ka-
lenderblatt sieht man ein histo-
risches Bild. „Etliche Fotos
davon wurden bislang noch nie
veröffentlicht. Zu jedem Bild
wird eine Kurzgeschichte er-
zählt. Sie lässt Raum zumWei-
tererzählen und zum Erinnern“,
informiert Mittelschullehrer
Hans Rieder im „PVT“-Inter-
view.
Die tägliche Arbeit auf dem
Hof wurde früher von beson-
ders vielen christlichen Ritua-
len begleitet.
Rieder:
„Ja. Sie begannen
mit dem morgendlichen Läuten
der Glocke vom Kirchturm der
Pfarrkirche, das Zeichen für
den Beginn der Tagesarbeit und
schlossen mit dem Rosenkranz,
den die Leute am Abend auf
dem Hof gemeinsam beteten.
Zuvor hatte das Läuten vom
Kirchturm den ‚Feiram‘, das
Ende der Tagesarbeit, angekün-
digt. So dienten lange Zeit auch
die Fest- und Markttage als zeitli-
che Orientierung im Jahreslauf,
weil die Menschen außer der
Stubenuhr lange weder Uhren
noch Kalender oder andere
Medien zur Verfügung hatten.“
Die Kirchenheiligen, die
Schutz- und Namenspatrone
wurden besonders verehrt.
Rieder:
„Bereits als Kind
kannten die Kleinen die Le-
bensgeschichte ihres Namens-
patrons. Dieser gab vielen
Menschen Halt und Orientie-
rung. Zudem erfuhr er eine be-
sondere Verehrung und galt,
über das Gebet, als Ansprech-
partner in schwierigen Lebens-
situationen. Der starke Volks-
glaube ließ auch außerhalb der
Dorf- und Wallfahrtskirchen
Stätten des Gebetes entstehen:
In den Kapellen, bei verschie-
dene Marterln draußen in der
Stallungen zu sehen. Auch bei
verschiedenen Arbeiten am Hof
wurden christliche Rituale ein-
gesetzt, damit die Arbeit gut ge-
lang. So zeichnete die Bäuerin
immer ein Kreuzzeichen in den
Hefeteig, den sie am Tag vor
dem Brotbacken in der Bauern-
stube herrichtete. Auch segnete
sie die Brotlaibe, bevor sie den
Backofen schloss. Vor dem
Almauftrieb im Juni wurden
Tiere und Almer vom Ortspfar-
rer gesegnet. Der Elternsegen
für die Kinder ist immer dabei:
Am Abend oder wenn sie aus
dem Haus gehen, zeichneten die
Eltern das Kreuzeichen mit
Weihwasser auf die Stirn der
Kinder.“
Auch heute besteht noch ein
besonderer Bezug der Kirche
zum bäuerlichen Leben und
zum Bauernjahr.
Rieder:
„Sicher. Über die be-
sonderen Festtage, die Bitt- und
Dankesfeiern und über die Hei-
ligen, die neben der liturgisch-
Natur und Orte im Dorf, vor
allem neben den Bächen oder
dort wo die Bevölkerung von
Naturkatastrophen heimgesucht
wurde, stehen Heiligenstatuen.“
Sie alle sind und bleiben bis
heute Orte der Andacht.
Rieder:
„Allerdings. Sie sind
Stätten, bei denen die Bauers-
leute kurz stehen bleiben, den
Hut abnehmen und ein Gebet
sprechen. Oft finden wir auch
heute noch Erinnerungstafeln
für Menschen, die bei der Ar-
beit – etwa bei der gefährlichen
Holzarbeit – das Leben verlo-
ren. Ein besonderes Gebet galt
immer der Bitte vor Bewahrung
von Unwettern und Katastro-
phen, denen man zur Gänze
hilflos ausgeliefert war. Daher
gehörten die Wetterevangelien
bei den Sonntagsmessen und
den Prozessionen ebenso zu
den Gepflogenheiten, wie die
verschiedenen Bittgänge hi-
naus zu den Feldern und zu den
Bächen während des Jahres.“
Wenn auch selten, so sind
heute immer nochWandmale-
reien an den Bauernhäusern
zu sehen.
Rieder:
„Sie stellen die Flo-
rianimotive dar. Die Feuers-
brunst war besonders gefürchtet
und folglich der heilige Florian
als Schutzpatron gegen die Feu-
ersbrunst sehr verehrt. Auch der
heilige Antonius, der Schutzpa-
tron für das Vieh, ist als Statue
an fast jedem Eingang zu den
kirchlichen Geschichte, immer
auch Schutzpatrone im Bauern-
alltag bleiben.“
Wie unterschiedlich gestal-
tete sich eigentlich das Läuten
der Kirchenglocken?
Rieder:
„Das Morgenläuten
begann mit der kleinsten Glo-
cke, nach und nach stimmte
eine Glocke nach der anderen
in das festliche Geläut ein. An
Donnerstagen wurde beim ‚Fei-
ramleitn‘ immer mit der klei-
nen Glocke nachgeläutet mit
dem Anliegen, der armen See-
INTERVIEW
PUSTERTALER VOLLTREFFER
SEPTEMBER/OKTOBER 2014
34
MONTAG
DIENSTAG
MITTWOCH
DONNERSTAG
FREITAG
SAMSTAG
SONNTAG
2
3
4
5
6
7
8
Mariä Lichtmess
Blasius
Veronika
Ingenuin und Albuin
Dorothea
Richard
Hieronymus
!
Februar 2015
6. Woche
Der Ruf tüchtig zu sein, macht die Großmagd später zur Hofbäuerin. Ihre Tüchtigkeit und die Fähigkeit,
wirtschaften zu können, bleiben dem jungen Bauern nicht verborgen.
Die Großmagd
Noch liegen die Dämmerung und die Ruhe über dem Hof. Nur die Großmagd werkelt schon
in der Küche, macht das Feuer im Holzherd an und kocht die Brennsuppe. Jetzt weckt sie die Hofleute.
Langsam erwacht das Treiben und damit beginnt das Tagewerk am Hof. Die Fütterer versorgen
das Vieh und die Knechte beginnen die Heumahd auf den Feldern. Wenn die Betten gemacht sind
und die Wäsche erledigt ist, beginnt auch für die Großmagd die Feldarbeit.
Heimatkundler Hans Rieder aus dem Ahrntal
erstellte einen besonderen Wochenkalender für
das nächste Jahr – mit historischen Bildern
und Geschichten, die die Arbeit und gelebte
Volksfrömmigkeit von Menschen eines Bergtales
beschreiben.
Ein Kalender z