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PORTRAIT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
AUGUST/SEPTEMBER 2014
6
Wenn Reinhard Kraler (67,
pensionierter Lebensmittelkauf-
mann) an die selbstgemachten
Osttiroler Schlutzkrapfen seiner
Mutter Filomena Bacher denkt,
dann läuft ihm immer noch das
Wasser im Mund zusammen.
„Einfach köstlich“, schwärmt er.
Aber auch die Nigelan (kleine in
fest gebackene Germteigkugeln)
oder der Zopf mit den Rosinen
schauen, dass ich weiterkam.“
Sie sorgte sich um die Kin-
der, wie sie nur konnte. „Wir
hatten es immer gut. Wir konn-
ten auch alle einen guten Beruf
erlernen“, so Reinhard. „Ich er-
hielt zwar eine Witwenpension,
musste aber dennoch sehr spar-
sam mit dem Geld umgehen.
Die Gewänder für meine Kin-
der nähte meine Tochter
schaft so richtig zusammen.
Das „Karteln“ blieb
60 Jahre verbrachte Filomena
in der Wohnung in der Haspin-
gerstraße. Doch als die Kräfte
nachließen, das Stiegensteigen
in den ersten Stock immer mehr
zum Problem wurde, übersielte
sie im August 2007 ins Wohn-
und Pflegeheim Lienz. Kurze
Filomena Bacher (Mitte) mit ihrer Schwester Burgl Häusler (87) und ihre Kindern Reinhard Kraler (Mitte), Herta Außerhofer (77,
pens. Schneiderin) und Otto Bacher (75, pens. Vermessungstechniker).
Foto: Martina Holzer
Filomena Bacher aus
Tassenbach kam einen
Tag vor Ausbruch des
Ersten Weltkriegs zur
Welt. Sie war das
sechste von zehn Ge-
schwistern. Jetzt wurde
die Dame 100 Jahre alt.
waren Spezialitäten von Filo-
mena, die vor 100 Jahren zur
Welt kam – gerade einmal einen
Tag nach Ausbruch der Ersten
Weltkrieges. „Ich war das zweite
Kind meiner Eltern“, erzählt
sie. „Gesamt hatte ich neun
Geschwister: Maria, Hansl,
Seppl, Anna, Centa, Paula, Toni,
Rosl, Franz und Burgl. Auch
meine älteste Schwester, die
Maria, wurde 101 Jahre alt“, so
Filomena.
Untermieter in
Tessenberg
Dass der Erste Weltkrieg die
Eltern Johann und Maria Kraler
sehr forderten, kann man sich
vorstellen. Die Familie lebte
als Untermieter der Bauern-
familie Herrnegger („Maurer“)
in Tessenberg. „Wir mussten in
Tessenberg und Umgebung viel
harte Arbeit bei den Bauern und
auf deren Feldern leisten“, erin-
nert sich Bacher. Im jugend-
lichen Alter wanderten die Ge-
schwister dann ab. Franz wurde
sogar zum Pfarrer und Englisch-
lehrer.
Filomena lernte ihren Ludwig
kennen und heiratete im Jahr
1939. „Ein edler, guter, ruhiger
Mann. Er war meine große
Liebe“, versichert Filomena.
Herta und Otto waren schon auf
der Welt als der Vater nicht mehr
aus dem Zweiten Weltkrieg zu-
rückkehrte. „Ich musste alleine
Herta“, erinnert sich Filomena.
In die Haspingerstraße
Die erste Wohnung kurz nach
dem Zweiten Weltkrieg in
Lienz war das „Füchslhäusl“
bei der Isel. Klein, eng und
feucht. Später übersiedelte
die Familie in eine 50 m² große
Gemeindewohnung in der Ha-
spingerstraße in der Südtiroler
Siedlung. Dort hatte die Fami-
lie zwei Zimmer, eine Wohn-
küche, einen Holzbalkon, einen
sehr schönen Garten, viele
Nachbarn. „Da war immer
etwas los. Ein reges Treiben“,
lacht Filomena. Viele Ge-
schwister bedeuten auch viel
Besuch. Die Wohnung wurde ge-
radezu zum „Karterzentrum.“
„Denn es wurde immer sehr viel
bei uns gekartelt – bis in die späte
Nacht wurde auf Gedeih und Ver-
derb um den Sieg gekämpft, um
jeden Groschen, auch gestritten“,
erinnert sich Sohn Reinhard
schmunzelnd. Doch das hitzige
Karteln schweißte die Verwandt-
Krankenhausaufenthalte meis-
terte sie stets gut. Bis heute
müssen bei Filomena die Frisur
und das „Gewandl“ einfach
passen. „Das war immer schon
so“, lacht sie. Seit jeher ist sie
tief im Glauben verwurzelt.
Samstags stehen jedenfalls
immer Rosenkrankbeten und
die Heilige Messe in der Haus-
kapelle auf dem Programm.
Natürlich gibt es auch stets
noch ein „Kartele“.
Ihr Hunderter wurde im
Kreise ihrer großen Familie im
Altenheim gefeiert. An ihrer
Seite am Festtagstisch saß das
einzig lebende Geschwister, die
Burgl. „Alle anderen sind schon
verstorben“, bedauert Filomena
sehr. Heuer verlor sie Bruder
Franz und Schwester Rosl. Die
vielen Trennungen von ihren
Lieben kosteten ihr sehr viel
Kraft. Doch die „Kralerische“
Zähigkeit hat sie im Blut. Ihr
großer Stolz sind die zehn
Enkelkinder, elf Urenkel sowie
ein Ururenkel. Martina Holzer
Einen Tag vor Ausbruch des
Ersten Weltkrieges geboren
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