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OBERKÄRNTNER
VOLLTREFFER
26. AUGUST 2013
CHRONIK
Den ländlichen Regionen
gehen die Ärzte aus
In den nächsten fünf Jahren erreichen 34 von 109 derzeit in Kärntens Gemeinden
über 3.000 Einwohner praktizierenden Allgemeinmediziner das Pensionsalter, bis
2023 treten weitere 39 in den verdienten Ruhestand. Es ist fraglich, ob diese Stellen
nachbesetzt werden können.
Für jede frei werdende Kas-
senstelle haben sich früher min-
destens zehn Bewerber gemel-
det, jetzt sind es nur mehr weni-
ge. In exponierten Lagen müsse
man sogar Kandidaten suchen
und mitunter Ausschreibungen
verlängern.
Die Zahl der Landärzte in
Kärnten stagniert seit Jahren.
„Dabei bräuchte Kärnten an-
gesichts der Bevölkerungsent-
wicklung nicht weniger, son-
dern immer mehr Ärzte auf dem
Land. Die Zahl der über 65-Jäh-
rigen steigt in Kärnten von der-
zeit 112.000 auf 120.000 bis
zum Jahr 2020. 2035 werden es
über 170.000 sein. „Damit er-
höht sich natürlich der Bedarf
an ärztlichen Behandlungen“,
zeigt Dr. GertWiegele, Sprecher
der niedergelassenen Ärzte, auf.
Gründe dafür, warum es oft
schwierig ist, Nachfolger für in
Pension gehende Landärzte zu
nden, gibt es viele: Der Beruf
des Landarztes sei zwar befrie-
digend, aber oft sehr hart, erläu-
tert Dr. Wiegele.
70 Stunden pro Woche
Dr. Helene Ranacher aus
Heiligenblut beschreibt die
enorme Belastung eines Land-
arztes: „Ich habe neben dem
Praxisbetrieb und den täglichen
Hausbesuchen jeden Monat
zehn 24-Stunden-Bereitschafts-
dienste und mindestens einen
Wochenenddienst. Diese Dienste
münden in aller Regel direkt in
die normale Ordinationszeit am
nächsten Tag. Wochenarbeits-
zeiten von 70 Stunden und mehr
sind keine Seltenheit, das kann
mit der Zeit an die Substanz
gehen!“ Ärztekammer-Präsi-
dent Dr. Josef Huber sieht die
Gefahr, dass sich zu wenige
junge Mediziner für die Auf-
gabe eines Hausarztes interes-
sieren. Eine Umfrage unter Tur-
nusärzten brachte ein alarmie-
rendes Ergebnis: Nicht einmal
jeder fünfte kann sich vorstel-
len, als Allgemeinmediziner tätig
zu werden „Das Nachwuchspro-
blem in der Landmedizin muss
unbedingt gelöst werden. Wenn
hier nichts passiert, droht bereits
in naher Zukunft eine massive
medizinische Versorgungskrise
in den ländlichen Regionen. Das
wäre ein medizinisch, ethisch
und gesundheitspolitisch unhalt-
barer Zustand“, so Präsident Dr.
Huber.
Steigender Frauenanteil
Es muss sich also was än-
dern. Mit einer Reduzierung
des administrativen Aufwandes,
einem leistungsgerechten Hono-
rarsystem, der Beseitigung
rechtlicher Hürden für Hausapo-
theken und familienfreund-
lichen Arbeitsbedingungen für
Hausärzte. Denn die Zukunft
der Landmedizin wird ange-
sichts des steigenden Frauenan-
teils in der Medizin wesentlich
davon abhängen, ob es gelin-
gen wird, mehr Frauen für diese
Tätigkeit zu gewinnen. Denn es
sei, so Dr. Ranacher, der Beruf
einer Landärztin kaum mit ei-
ner Familie zu vereinbaren. Da-
mit die Landarztstelle für Medi-
zinerinnen attraktiv wird, seien
neue Modelle nötig.
Radenthein:
Paracelsus Apotheke,
Paracelsusstraße 2, Tel. 04246/2055
(bis 31. August, 12 Uhr).
Seeboden:
Jakobus Apotheke,
Hauptstraße 50, Tel. 04762/81602
(bis 31. August, 12 Uhr).
Hermagor:
Gailtal Apotheke,
Gösseringlände, Tel. 04282/25381
(26. August bis 2. September, 8 Uhr).
Lienz:
Stadt-Apotheke „Zur Madonna“,
Rosengasse 14, Tel. 04852/62042
(31. August/2. September).
Wochenend-Bereitschaftsdienst der
Ärzte, Zahnärzte und Apotheken
Unter der Ärzte-Service-Nummer
0900/88088 + der jeweiligen
Postleitzahl kommen Sie direkt
zum diensthabenden Arzt.
Mit der Nummer 1484 (ohne Vor-
wahl) können Sie beim Roten Kreuz
einen Krankentransport anfordern.
Zahnärztlicher Notdienst
Welcher Zahnarzt in Ihrer Nähe am
Notarzt
Notruf
141
Apotheker-
dienste
Spittal:
Malchus Apotheke,
Villacher Straße 15, Tel. 04762/4394
(bis 31. August, 12 Uhr).
Apotheke zur Hygiea, Hauptplatz 4,
Tel. 04762/5607
(ab 31. August, 12 Uhr).
Wochenende und an Feiertagen
Notdienst leistet, erfahren Sie bei allen
Rot-Kreuz-Dienststellen in Ihrer Nähe.
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Millstatt:
See Apotheke,
Georgsritter-Platz 156, Tel. 04766/2130
(ab 31. August, 12 Uhr).
Möllbrücke:
Teurnia Apotheke,
Mölltalstraße 37, Tel. 04769/2234
(ab 31. August, 12 Uhr).
Greifenburg:
Laurentius Apotheke,
Bahnhofstraße 63, Tel. 04712/288
(bis 31. August, 12 Uhr).
Obervellach:
Adler Apotheke,
Hauptplatz 53, Tel. 04782/2244
(bis 31. August, 12 Uhr).
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Maria
Spitaler
Kommentar von
Wo wohnt der Doktor?
Babys lieben dieses alte Spiel.
Wenn man mit den Fingern auf
ihren kleinen Ärmchen dem Hals
„entgegenkraxelt“ und fragt: „Wo
wohnt der Doktor?“ „Ein Stück-
erl weiter!“ Dann beginnen sie zu
lachen – uns „Großen“ könnte
aber vielleicht das Lachen bald ver-
gehen. Wenn die düsteren Progno-
sen der Ärztekammer für die näch-
sten Jahre zutreffen, droht ein Eng-
pass bei den Hausärzten. Das ist
in ländlichen Gegenden eine Ka-
tastrophe. Kaum vorstellbar, dass
man mit den größeren und klei-
neren Wehwehchen weiß Gott
wohin fahren muss, wenn man
nicht schnell „im Vorbeigehen“ die
eigene Hausapotheke füllen kann,
und gar nicht auszudenken, wenn
ein Notfall eintritt. Auch ich habe
schon um drei Uhr morgens bei
meinem Hausarzt Sturm geklingelt,
mit meiner nach Luft ringenden da-
mals dreijährigen Tochter auf dem
Arm. Es war mir in diesemMoment
egal, ob er gerade Bereitschafts-
dienst hat oder nicht, ich habe ein-
fach nur in möglichst geringer Ent-
fernung nach Hilfe gesucht – und
sie auch bekommen. Wenn ich da-
ran denke, dass ich in dieser Nacht
vielleicht noch dutzende Kilometer
fahren hätte müssen oder mir vor-
stelle, dass ich, ohne etwas tun zu
können, auf die Rettung hätte war-
ten müssen, laufen mir heute noch
kalte Schauer über den Rücken. Es
ist so selbstverständlich geworden,
dass ein praktischer Arzt jederzeit
innerhalb kurzer Zeit zur Verfügung
steht. Hoffen wir also, dass sich die
Forderungen der Ärztekammer
erfüllen lassen und dass sich ge-
nügend aufopferungsbereite Idea-
listen finden. Damit wir nicht eines
Tages sagen müssen: „Der Doktor
wohnt ein Stückerl weiter!“
Die Autorin erreichen Sie unter:
redaktion@vol ltreffer.co.at
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Fotos:Büro LR HOLUB
V. l.: Kurienobmann Dr. Gert Wiegele, Dr. Helene Ranacher, Dr.
Bruno Schmoliner, Präsident Dr. Josef Huber.