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OSTTIROLER
NUMMER 4-5/2013
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HEIMATBLÄTTER
in Erwägung zu ziehen. Jedoch erlaubten es
die prekäre finanzielle Situation der Familie
in der Nachkriegszeit und die Pensionierung
des Vaters vorerst nicht, an den Eintritt in
eine höhere Schule oder die Absolvierung
eines Kunst-Studiums an einer der Akade-
mien in Wien oder in München zu denken.
Also lag die Überlegung nahe, mit der
Lehre zum Beruf des Malers und Anstrei-
chers eine solide Ausbildung anzustreben.
Aus heutiger Sicht betrachtet, waren
Franz Walcheggers handwerkliche und
technische Versiertheit im Umgang mit
den Materialien und den verschiedensten
Ausführungsmethoden, die in diesem Ge-
werbe gelehrt wurden, in einem nicht un-
erheblichen Ausmaß richtungsweisend für
seine eigentliche Berufung zum Kunst-
schaffenden. Wie aus den Abgangszeug-
nissen ersichtlich ist
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, sollte die Lehrzeit
vom 20. Feber 1928 bis zum 20. Feber
1931 dauern, die Franz Walchegger zwar
bei dem Lienzer Malermeister Franz
Glieber vorerst begann, sie jedoch nach
der vorgeschriebenen Zeit und der Gesel-
lenprüfung im November 1931 bei dem
Lehrherrn Malermeister Peter Pacher mit
„gutem Erfolg“ beendete.
Die gleichzeitige Einschreibung in die
„Allgemein-gewerbliche Fachliche Fort-
bildungsschule“ in Lienz, die zu dieser
Zeit von Hans Gasser geleitet wurde, war
außerdem Voraussetzung für einen Ab-
schluss in dieser Sparte. In weiterer Folge
arbeitete Franz Walchegger bei Maler-
meister Alois Oberlechner in Lienz und bis
November 1932 im Atelier von Hans
Scarsini in Klagenfurt.
Die Malerei als Herausforderung
und als Ziel
Mit Begeisterung ein Ziel zu verfolgen
und es schlussendlich umsetzen zu können,
grenzt manchmal auch an ein Wagnis, das
einzugehen mehr erfordert als Mut und
pioniergeistiges Denken – es erfordert den
unabdingbaren Willen dazu, einer prinzi-
piellen Veränderung im Leben zuzustim-
men – und Franz Walcheggers Ziel war es,
Künstler zu werden. Der Wegbereiter der
abstrakten Kunst Wassily Kandinsky
(1866-1944) philosophiert in seinem 1910
verfassten Manuskript über das Leben eines
Künstlers, wenn er schreibt:
„Er
[der
Künstler]
muß sich erziehen und vertiefen
in die eigene Seele, diese eigene Seele vor-
erst pflegen und entwickeln, damit sein äu-
ßeres Talent etwas zu bekleiden zu hat und
nicht, wie der verlorene Handschuh von
einer unbekannten Hand, ein leerer zweck-
loser Schein einer Hand ist.“
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Die ersten
Schritte auf dem Weg zum Leben eines
Kunstschaffenden tätigte Franz Walchegger
mit dem Eintritt in die Mal- und Zeichen-
schule von Toni Kirchmayr (1887-1965) in
Innsbruck, die er in den Wintersemestern
1933/34 und 1934/35 mit großem Enthu-
siasmus besuchte. Toni Kirchmayrs Schule
galt für eine Vielzahl von jungen und kunst-
willigen Menschen als fest verankerte
Institution, in der neben einem klassischen,
künstlerischen Ausbildungsbetrieb, vor
allem das Beherrschen der Technik imVor-
dergrund stand. Den Schulbetrieb an sich
leitete der selbst angesehene Künstler und
Restaurator zwischen 1919 bis zu seinem
Tod 1965 (im Krieg wurde der Unterricht
zwischen 1944 und 1946 eingestellt).
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Die
vielen Mappen mit gesammelten Studien-
blättern, die Motivdarstellungen in kleine-
ren Skizzenbüchern und autonome Ent-
würfe für spätere Bildkonzepte kristallisie-
ren sich schon damals zu jenem exakten
Reflektieren einer real vorhandenen Vor-
lage, die über das reine Studieren von Se-
quenzen hinausreichen. Franz Walchegger
gelang es zunehmend, den grundsätzlich er-
strebenswerten, autonomen künstlerischen
Bildgedanken aufzunehmen bzw. für sich
zu entdecken.
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Nach seinem Abschluss im
April 1935 konnte der junge Absolvent als
kunstgewerblicher Malergehilfe imAtelier
von Toni Kirchmayr noch über die Som-
mermonate hin wertvolle Erfahrungen als
Freskant sammeln, denn gerade die techni-
sche Umsetzung eines Wandbildes, vom
Entwurf bis zum fertigen Fresko, wurde be-
reits in dieser Zeit von Franz Walchegger
als auserkoren bevorzugtes künstlerisches
Medium gewählt. Nicht zufällig fasste er zu
dieser Zeit in Innsbruck den Entschluss, an
der Akademie für bildende Künste in Wien
sein Studium der Malerei zu beginnen.
Die Zeit des Zweiten Weltkrieges –
Malerei im Diskurs
Als Franz Walchegger im Herbst 1935 in
die Meisterklasse von Wilhelm Dachauer
(1881-1951) aufgenommen wurde, be-
stimmte gegenwärtig ein politisch und
sozial nationalistisch indoktrinierter Auf-
bruchsgedanke das Leben der Bevölkerung
im Land, und die verheerenden Auswir-
kungen des folgenden Zweiten Weltkrie-
ges waren in diesem Ausmaß weder vor-
hersehbar noch fassbar. Wilhelm
Dachauer, bei dem der junge Mann bis
zum Sommersemester 1939 studierte,
galt als hervorragender und angesehener
Pädagoge, der in seiner Kunstauffassung
eine für das großformatige Genrebild im
bäuerlichen Milieu, für die Landschafts-
aufnahme und für das Porträt, eine dem
Realismus bzw. Naturalismus naheste-
hende Darstellungsform pflegte, die nicht
unerheblichen Anteil am Entwicklungs-
prozess der jungen Kunstschaffenden im
Allgemeinen, inne hatte.
ImWintersemester 1939/40 und darauf-
folgend 1940/41 studierte Franz Walch-
egger bis zu seinem Abschluss im März
1941 bei Ferdinand Andri (1871-1956) in
der Fachmeisterschule für Fresko an der
Akademie in Wien, die dieser selbst bis
1945 leitete. Obwohl der junge Künstler
sein Studium zum akademischen Maler
abgeschlossen hatte, blieb er bis zumWin-
tersemester 1943/44 bei Ferdinand Andri
weiterhin eingeschrieben, was grundsätz-
lich nicht ungewöhnlich war.
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Mit dem
Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am
1. September 1939 wurde auch Franz
Walchegger zum Kriegsdienst einberufen,
der ihn zuerst zur deutschen Fliegerabwehr
nach Schongau in Oberbayern führte und
anschließend nach Olmütz in Mähren.
Auch hier muss man sich auf Mitteilungen
und Erinnerungen von Verwandten beru-
fen, denn es ist nur bekannt, dass Franz
Walchegger im Einsatz an der Ostfront
schwer an Gelbsucht erkrankt ist, worauf-
hin die Verlegung in ein Lazarett in Bitsch
bei Saarbrücken (heute Bitche in Frank-
reich) angeordnet wurde.
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Gerade diese
Lebererkrankung war so schwerwiegend,
dass er sich Zeit seines Lebens nicht davon
erholen konnte. Belegt ist jedenfalls sein
Aufenthalt in Bitsch bis zum Kriegsende
im Frühling 1945, wo er nach dem Ein-
marsch alliierter Truppen in amerikanische
und französische Kriegsgefangenschaft ge-
riet und erst im August 1945 wieder nach
Lienz zu seiner Familie in die Alleestraße
Nr. 14 zurückkehren konnte. So ähnlich
sich Lebensgeschichten in dieser Zeit er-
eignet haben, so interessant entwickelte
sich in der Zeit von 1939 bis 1945 sein
Weg als Kunstschaffender. Aus den Archiv-
akten des Stadtbauamtes in Lienz geht her-
vor, dass er im September 1938 unter
Bürgermeister Emil Winkler von der
Ende 1930er-Jahre: Porträt einer jungen
Frau; Öl auf Karton, 52,5 x 34,5 cm; nicht
bezeichnet.
(Privatbesitz)
1936: Blumenstrauß in blauer Vase; Öl auf
Leinen, 63,2 x 50 cm; bez. rechts unten:
F. Walchegger Lienz 36.
(Privatbesitz)