Seite 1 - H_1999_12

Basic HTML-Version

Kärnten und Friaul. Die Masse
von Alberts Erbanteil machte
görzischer Stammbesitz aus.
Dieser erstreckte sich innerhalb
des Herzogtums Kärnten vom
unteren Iseltal über Lienz, das
Drautal hinunter bis in den
Raum Spittal, das Mölltal und
das Lesachtal mit einschließend.
In Mittel- und Unterkärnten
lagen völlig isoliert die görzi-
schen Herrschaften Eberstein
und Moosburg. Der weitere
Stammbesitz der Görzer kon-
zentrierte sich an der oberen
Adria und in der unteren Krain. In
Friaul gruppierte sich am Unter-
lauf des Tagliamento verstreuter
Besitz, mit Latisana besaßen die
Görzer einen Zugang zum
Meer. Geschlossener und ausge-
dehnter waren ihre Herrschafts-
rechte am Mittelstück des Ison-
zo, in und um Görz. Von dieser
Grafschaft Görz, immerhin
Titel- und Namensspenderin für
unsere Adelsfamilie, spannte
sich eine schmale territoriale
Brücke über den Karst nach
Istrien, wo Pazin/Pisino (Mitter-
burg) einer görzischen Grafschaft den
Namen gab und mit Rakalj die Adria er-
reicht wurde. Ansonsten war den Görzern
der Zugang zur Meeresküste verwehrt, im
Karst beherrschten sie aber das Hinterland
von Triest und auf der Halbinsel einen be-
trächtlichen Teil des Binnenlandes. Spär-
lich waren die görzischen Besitzrechte in
Krain, hier gelang es aber Albert und sei-
nen Nachfolgern, sich territorial auszu-
breiten und eine Grafschaft in der Windi-
schen Mark und in Weißkrain um Mehovo
(Meichau) und Metlika (Möttling) aufzu-
bauen. Die Herren- und Besitzrechte der
Görzer, die nach und nach zur Gebiets-
herrschaft verdichtet wurden, speisten sich
aus vielen Quellen. Allod oder Eigentum
war wenig darunter, vornehmlich waren
Nummer 12/1999
67. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Die Reichsfürsten hofften
mit dem schwäbischen Grafen
Rudolf von Habsburg einen
schwachen König, einen ohne
große Hausmacht, auserkoren
zu haben. Rudolf aber schlug
1278 den mächtigen Böhmen-
könig Ottokar II. Prˇemysl, der
sich der herrenlosen babenber-
gischen Herzogtümer Öster-
reich und Steiermark bemäch-
tigt hatte, aus dem Feld und
übertrug 1282 die beiden Län-
der als Reichslehen an seine
zwei Söhne. Der Grundstein
zum Aufstieg des Hauses
Habsburg war gelegt. Kräftig
mitgeholfen hatte dabei ein
Görzer, Graf Meinhard II. von
Tirol-Görz. Ihm wurde sein
Einsatz belohnt, Rudolf verlieh
dem Tiroler Landesherrn 1286
Kärnten zu Lehen, womit
Meinhard zum Herzog und
Reichsfürsten avancierte. Kö-
nig und Herzog stützten und
vertrauten einander. Mein-
hards Tochter Elisabeth heira-
tete Rudolfs ältesten Sohn
Albrecht, eine Görzerin wurde
gleichsam zur Stammmutter der nun öster-
reichischen Habsburger.
Unauffällig und zäh hatten sich die Gör-
zer seit dem 12. Jahrhundert als Grafen
und Vögte eine veritable Machtbasis ver-
schafft, hauptsächlich zu Lasten des
Kärntner Herzogtums und des Patriarchats
Aquileia. Schlagartig erweitert wurde
diese, als 1254 das erheiratete Erbe der Ti-
roler Grafen an Meinhard III. von Görz
fiel, das bereits die Kernzonen, südlich
und nördlich des Brenners, eines sich ab-
zeichnenden Territorialkomplexes, des
„Landes im Gebirge“ umfasste. Allerdings
blieb es nicht dabei, denn Meinhards Söhne
teilten, endgültig 1271, das territorial weit-
gespannte väterliche Erbe. Als Älterer be-
anspruchte Meinhard IV. (als Graf von Ti-
Wilfried Beimrohr
Habsburg und Görz –
ein stiller und ungleicher Kampf
Reitersiegel des Grafen Albert I. von Görz-Tirol († 1304).
(Lienz, Dominikanerinnenkloster, Archiv)
Foto: M. Pizzinini
rol-Görz der II. gezählt) den günstigeren
Part für sich, nämlich den Großteil dessen,
was sein Großvater mütterlichseits, Graf
Albert III. von Tirol, hinterlassen hatte.
Meinhard II., unter neun Generationen von
Görzern der begabteste und gerissenste
Politiker, zimmerte daraus das Land und
die Grafschaft Tirol. Sein Bruder Albert I.
von Görz-Tirol musste sich mit dem
begnügen, was die görzischen Vorfahren
im Laufe der Zeit mühsam erworben und
sich erkämpft hatten. Tirolischer Herkunft
waren lediglich die Herrschaftsrechte im
Pustertal, die vor allem auf den vom Hoch-
stift Brixen zu Lehen verliehenen Grafen-
und Vogteirechten sowie auf der Vogtei
über das freisingische Kloster Innichen
basierten, sowie verstreuter Kleinbesitz in