Seite 4 - H_2001_01

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O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
69. Jahrgang –– Nummer 1
In den letzten Jahren wurden zuneh-
mend interessante oder seltene Formen
von Pflanzen und Tieren zur Klärung und
Kenntnis gebracht. Vielfach auch Schäd-
linge aus Haus und Garten. Im vorliegen-
den Fall ist die Pflanze nicht nur sehr sel-
ten und gefährdet, sondern beim Finden im
Gelände muss eine ganz besondere Beob-
achtungsgabe angenommen werden, wie
sie sonst nur die Fachbotaniker aufweisen.
Im Spätsommer 2000 überbrachte Fr. M.
Hopfgartner (Zambelli) eine grüne, etwas
rauhe, grobe Pflanze ohne Fruchtformen.
Sie stammte aus dem kleinen Fichtenwäld-
chen südöstlich Ainet im Iseltal am linken
Iselufer (Moorwald), wuchs dort inmitten
von anderen Pflanzen, konnte auch schon
mehrere Jahre vorher beobachtet werden.
Im ersten Moment war die Art unbekannt.
Beim Vergleich mit Abbildungen wurde
der Verdacht durch Abbildungen in
der Fachliteratur bestätigt: Flachbärlapp
wegen der abgeflachten Sproßteile, wegen
der Sproßanordnung auch Fächerbärlapp
genannt. Die Bestimmung wurde später
durch den Spezialisten Dr. A. Polatschek in
Wien dankenswerterweise bestätigt.
Die Durchsicht einschlägiger Literatur
ergab dann schon interessante Details:
Nach HAUSMANN (1852:1033) aus
dem Gebiet Osttirol nicht angegeben, der
nächstgelegene Fundort wäre ,,im Gebie-
the von Welsberg".
Bei DALLA TORRE (1906:87) sind an-
geführt: am Köckberge bei Winnebach,
selten und steril; könnte theoretisch auch
Köckberg bei Arnbach sein, denn nach
WIDMOSER (1970:410) ist Köckberg
heute noch eine Rotte in der Ortschaft
Arnbach der Marktgemeinde Sillian,
Grenzziehung 1919; Lienz: von Lengberg
abwärts bis über die Landesgrenze,
besonders häufig unterhalb Chrysanthen
und neben der Straße, jedoch immer nur
steril; Wälder am Fuße des Spitzkofel, ca.
1.300 m; Hochstadel 1.600 m, nicht häufig.
In POLATSCHEK (1997:59, Karte 4)
werden wiederholt und zusätzlich genannt:
Lienz: ober Bad Leopoldsruhe 700 m;
Lengberg; Nörsach unterhalb St. Chry-
santh; Hochstadel 1.600 m; Lienz: süd-
liches Tristach Heimwälder 900 m;
Spitzkofel 1.300 m; neuester Fund Tiroler
Gailtal: Rodarm bis Leiten, 1.400 bis
1.430 m, leg. Polatschek. Im letzten Jahr-
hundert wurde die Art also nur sehr ver-
einzelt gefunden. Ähnlich liegen die Ver-
hältnisse in Nordtirol (daher Gefähr-
dungsstufe 1: sehr selten und daher vom
Aussterben bedroht, auch wenn derzeit
keine Biotopzerstörung direkt droht; in
Vorarlberg bereits ausgestorben).
Die Art vermehrt sich vorwiegend ve-
getativ, etwa durch Ausläufer, die sporen-
tragenden keulenförmigen Ährengebilde
(Sporophylle: s. Abb.) sind scheinbar sehr
selten. An ihnen wäre die Zuordnung zu
den Bärlapppflanzen (Familie: Bärlappge-
wächse) sofort möglich.
Nach ADLER et al. (199.4:235) bevor-
zugt diese Art mäßig trockene, boden-
saure, magere Nadelwälder, bes. Föhren-
wälder, montan (subalpin ?) und ist ge-
fährdet!
An Frau Hopfgartner auch an dieser
Stelle vielen Dank für die Überbringung,
Überlassung und das Interesse an der
Naturbeobachtung. Der Hinweis soll
auch anregen, weitere Beobachtungen zur
heimischen Flora und Fauna zu erbringen.
Zitierte Literatur:
ADLER, W., K. OSWALD, R. FISCHER (1994):
Exkursionsflora von Österreich.-Verl. Ulmer.
DALLA TORRE, K. (1906): Die Farn- und
Blütenpflanzen (Pteridophyta et Siphonogama) von
Tirol, Vorarlberg und Liechtenstein, 1. Teil, Inns-
bruck.
HAUSMANN, F. (1852): Flora von Tirol, 2. Heft.
- Wagner-Innsbruck
POLATSCHEK, A. (1997): Flora von Nordtirol,
Osttirol und Vorarlberg, Bd. 1 - Tiroler Landes-
museum Ferdinandeum, Innsbruck.
WIDMOSER, E. (1970): Tirol A bis Z, Südtirol
Verlag.
Alois Kofler – Naturkundliche Raritäten aus Osttirol
Eigentlicher Flachbärlapp (Lycopodium complanatum)
Fund aus Ainet, Iseltal.
Foto: A. Kofler
Flachbärlapp, Schwarzweiß-Zeichnung nach ROTHMALER,
Exkursionsflora, Atlas, 1988, Verlag Volk und Wissen, Berlin.