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Nummer 4-5/2001
69. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Einige Bäume dieser Art sollen in
Mittel-China noch freilebend vorkommen.
Sonst ist er ein offenbar ausgestorbener,
aber weltweit verbreiteter Parkbaum, ein
„lebendes Fossil“. Die ältesten Fossilfunde
kennt man schon aus dem Erdaltertum
(Perm, noch vor der Steinkohlenzeit), noch
mehr Arten aus dem Erdmittelalter, dann
blieb nur mehr eine einzige Art übrig, die
ohne Hilfe der ostasiatischen Religions-
gruppen ausgestorben wäre, wobei man
nicht genau weiß, warum gerade dieser
Baum ausgesucht worden war zur allge-
meinen Verehrung. Im Stadtgebiet von
Lienz beim Friedhof steht wahrscheinlich
der älteste bei uns, in letzter Zeit wurden
mehrere neu gepflanzt, er ist dekorativ und
winterfest. Das Höchstalter wird mit
1.100 und mehr Jahren angegeben. In
der Internationalen Liste bedrohter
Bäume wird er als „stark gefährdet“ ein-
gestuft.
Der gewählte Titelname stammt von der
Verehrung in China, Korea und Japan, wo
er oft im Bereich der Tempel angepflanzt
wurde. Daneben heißt er auch noch Dino-
saurierbaum (er lebte schon vor diesen
Riesenechsen), Entenfußbaum wegen der
Blattform, Frauenhaarbaum bei den Bota-
nikern wegen der Ähnlichkeit der Blätter
mit dem Frauenhaarfarn, Gedächtnis-
baum wegen der Heilwirkung bei älteren
Personen oder Silberfruchtbaum nach der
Färbung der Früchte. Jedenfalls ist es der
einzige Baum der Welt, der weder ein
Nadel- noch ein Laubbaum ist, sondern
einer eigenen Ordnung (Ginkgo-Artige)
angehört. Dabei ist die botanische Benen-
nung und auch die gebräuchlichste deut-
sche Bezeichnung Ginkgo-Baum auf
einen Schreibfehler zurückzuführen: die
japanische Bezeichnung wäre mit „yin-
kuo“ auszusprechen.
Die Blätter verfärben sich im Herbst vor
dem Abfall knallgelb, die gelbgrünen, run-
den, außen fleischigen Früchte riechen
Alois Kofler – Naturkundliche Raritäten aus Osttirol
Der Tempelbaum (Ginkgo biloba)
„Der Tempelbaum (Ginkgo biloba)“.
Foto: A. Kofler