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Nummer 8/2001
69. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Die glückliche Fügung, die Enkelin von
Peter Paul Passler, Frau Waltraut Zwer-
ger, vor einigen Jahren kennengelernt zu
haben, hat den Verfasser dazu angeregt,
einer weitgehend vergessenen Persönlich-
keit aus dem Defereggental nachzuspüren.
Frau Zwerger lebt, wie so viele Defereg-
ger „Forschtgiehner“, in Wien. Ihr hat der
Verfasser für zahlreiche Dokumente,
Hinweise und vor allem Bildmaterial zu
danken. – Peter Paul Passlers große Be-
deutung besteht darin, als einer der ersten
die Geschichte des Defereggentals (mit
vielen Detailfragen) erforscht und ent-
sprechende Publikationen vorgelegt zu
haben.
Vorgeschichte: Die Passler in Antholz
Peter Paul Passler entstammt einer alten
St. Jakober Familie, die aber nicht ur-
sprünglich aus dem Defereggental, sondern
aus dem benachbarten Antholz stammt.
Ähnliches gilt ja auch für die Deferegger
Familie Hintner, die im Gsiesertal ansässig
war. Der Name Passler wird unterschied-
lich erklärt: Karl Finsterwalder leitet ihn
vom hl. Basilius ab, während Hubert
Müller, Historiker des Antholzertales, ihn
mit den Hirten in Zusammenhang bringt,
„welche das Vieh bewachten und auf die
Raubtiere passten, welche vor der Rodung
des innersten Tales noch in Unmengen
hausten und die Gegend unsicher mach-
ten“
1
. Hans Ladstätter bringt den Namen,
allerdings ohne ausdrücklichen Vermerk,
mit dem Wort Pass (bezogen auf den
Staller Sattel) in Zusammenhang
2
.
Die Antholzer Familie brachte mit
Peter Passler
(oder Paßler) einen Mann
hervor, der aufgrund eines verlorenen Pro-
zesses in wirtschaftliche Schwierigkeiten
geraten war. Dadurch wurde er zu einem
Unruhestifter, dessen Verurteilung und ge-
plante Hinrichtung im Jahre 1525 mit ein
Grund für den Ausbruch der Bauernkriege
war
3
. Der Passlerhof (aufgeteilt auf
Vorder- und Hinterpassler) existiert noch
heute, ist allerdings nicht mehr im Besitz
dieser Familie
4
.
Die Passler waren nach Müller „nicht
nur vermögend, sondern genossen von
jeher als herrschaftliche Jäger des Hoch-
stiftes Brixen hohes Ansehen bei geist-
lichen und weltlichen Würdenträgern“.
Im Jahre 1642 bekamen sie sogar einen
Wappenbrief verliehen, der allerdings im
Original nicht mehr vorhanden ist. Eine
Abbildung dieses Wappens hat sich ledig-
lich in der St. Josefskapelle in Antholz-
Obertal („Stainz‘ger Stöckl“) erhalten, die
der damalige Stainzgerbauer (Stein-
kasserer), Jakob Passler stiftete und mit
Hilfe eines Bruders, des Huberbauern
Thomas Passler, im Jahre 1815 errichten
und ausmalen ließ.
Die Passler in Defereggen
Doch nun zum Deferegger Zweig der
Passler: Am 17. April 1685 kaufte Chris-
tian Paßler von dem als Protestanten ver-
triebenen Martin Brugger „
1
4
Schwaige zu
Brugken“ um 800 fl.
5
Einer seiner Nach-
kommen, Jakob Passler, kam 1744 durch
Heirat der Erbtochter Anna Tröjerin in den
Besitz des Gasthofs Unterrain
6
. Über 150
Jahre, bis 1890, blieb dieses Haus, das als
eines der wenigen Steinhäuser auf die
Knappenzeit zurückgehen dürfte, in der
Hand der Familie Passler
7
. Der Enkel
von Jakob,
Anton Passler
(5. November
1781 bis 23. August 1860), war als ge-
schäftstüchtiger Gastwirt auch Ortsvor-
steher von St. Jakob und hat sich als „Bau-
führer“ in Zusammenhang mit dem Kir-
chenneubau einen Namen gemacht
8
.
Anton war zweimal verheiratet: In erster
Ehe mit Josefa Stemberger, Wirtstochter
aus St. Veit, die ihm vier Kinder gebar.
Relativ spät heiratete er ein zweites Mal:
Anna Glanzl aus Lienz (1810 bis 1866)
gebar ihm drei Söhne, nämlich Anton
(1846 bis 1909), Jakob (1849 bis 1931)
und Peter Paul (1851 bis 1934).
Peter Paul Passlers Kindheit,
Schul- und Studienzeit
Peter Paul Passler (Paßler)
9
wurde am
24. August 1851
in St. Jakob geboren. Er
besuchte die Volksschule in seinem Hei-
matdorf und ab dem Jahre 1864 das k. k.
Staatsgymnasium in Brixen, damals die
nächstgelegene höhere Schule. Dieses
Gymnasium war erst 1850 gegründet wor-
den und nahm Schüler aus ganz Tirol und
darüber hinaus auf. Da dort Chorherren
aus Neustift unterrichteten, trug es auch
den Namen „Augustinergymnasium“. Es
ist interessant festzuhalten, dass die Zahl
der Deferegger „Gymnasisten“ (sic!), wie
es im Sprachgebrauch der Jahresberichte
heißt, in jenen Jahren größer war als man
vielleicht vermuten würde: Immerhin be-
suchten sieben Deferegger Anfang der
60er-Jahre diese Schule, darunter später so
bedeutende Leute wie Valentin Hintner,
P. P. Passler auf einem sogenannten
Visite-Porträt, datiert handschriftlich
auf der Rückseite: Feber 1911.
Peter Paul Passler – Zum 150. Geburtstag
des Deferegger Historikers
Michael Huber