Seite 8 - H_2002_07-08

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Verbänderungen oder Fasziationen
nennt man in der Botanik und Forstkunde
bandartige Verbreiterungen von Trieben,
wenn beim Wachstum an der Spitze die
Teilung nach beiden Seiten vermehrt er-
folgt. Die sehr breiten und platten Teile
sind sehr auffällig, verursacht durch ein
Miss-Wachstum der Triebspitze, die
Seitentriebe wachsen normal weiter. Eine
Krümmung seitlich kann am Hauptspross
vorkommen (Krummsäbel, Bischofs-
stab). Bildungen dieser Art sind an Holz-
gewächsen recht selten v. a. an Kiefer,
Fichte, Lärche, auch Esche, Robinie und
Weiden.
An krautigen Pflanzen sind diese Tera-
tologien häufiger (auch an Löwenzahn bei
Nörsach beobachtet) aber selten so auffal-
lend wie im vorliegenden Fall, was aber
vorwiegend mit der Größe der Pflanze und
vor allem mit dem Befall am ganzen Be-
stand zu tun hat.
Die Nachtkerzengewächse (Onagra-
ceae) umfassen in Osttirol nur die drei
Gattungen Nachtkerze, Weidenröschen
und Hexenkraut. Die erste Gruppe ist sys-
tematisch schwierig, die zweite artenzahl-
mäßig umfangreich, die dritte eher selten.
Die Pflanzen mit dieser Bildung wurden
eher zufällig am linken Iselufer bei Unter-
peischlach im August 2000 gefunden. Nor-
malwüchsige und blühende fanden sich
recht weit davon entfernt, es war also prak-
tisch die ganze Gruppe auf der Bachbö-
schung mit fast 2 m Höhe bei einzelnen Stü-
cken befallen, warum diese Häufung und
warum Verbänderungen überhaupt auftre-
ten, ist offenbar nicht eindeutig geklärt.
Die Zuordnung nach Tabelle zu
Oenothera salicifolia wurde nicht sicher
bestätigt, das spielt nur floristisch eine
Rolle, die Taxonomie ist verwirrend, die
Synonyme sind zahlreich. – Der Hinweis
bleibt für allfällige weitere Beobachtungen
gut genug.
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
70. Jahrgang – Nummer 7-8
Alois Kofler – Naturkundliche Raritäten aus Osttirol
Verbänderungen an Nachtkerze
(Oenothera sp.)
Nachtkerzen: Unterpeischlach, Iselufer mit Verbänderungen.
Fotos: Alois Kofler