Seite 6 - H_2002_07-08

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O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
70. Jahrgang – Nummer 7-8
In einem Anstandsbuch aus Frankreich
steht schon 1555, es schicke sich nicht
„bei Tisch am Kopf zu kratzen … Läuse
und Flöhe zu suchen … und vor den
Augen anderer Leute zu töten“. Früher
waren beide Blutsauger häufiger, der Floh
ist inzwischen vielfach ausgestorben, die
Läuse findet man meist dort, wo viele Kin-
der zusammen kommen: Schulen, Kinder-
gärten u. ä. Die Lauskämme, Kopfwäsche
mit Petroleum, Insektizide sind nicht mehr
üblich, Haarshampoo oder Pumpspray auf
Pflanzenbasis z. B. Apar mit Chrysanthe-
men geht leichter und besser, vor allem bei
der häufigeren Kopflaus (Pediculus capi-
tis). Ob der Schülerreim noch gilt?: „Kauf
dir eine Laus, schon ist die Schule aus!“
Auch die beiden anderen Menschenläuse:
Kleiderlaus (Pediculus humanus) und
Filzlaus (Phthirus pubis) ernähren sich mit
den stechend-saugenden Mundwerkzeu-
gen ausschließlich von Menschenblut,
etwa dreimal täglich!
Verwandte und recht ähnlich gebaute
Arten leben auch auf Gorillas und Schim-
pansen (Primatenläuse). – Die Kopflaus
befällt Eskimos wie Pygmäen, ist in Mu-
mien von Indianern gefunden worden, die
ägyptischen Tempelpriester schoren sich
alle drei Tage den Kopf. Irrtümer dazu gab
es auch: im 18. Jahrhundert glaubte man
noch, dass Läuse die Kinder vor Krank-
heiten schützen und J. W. von Goethe war
noch der Meinung, verlauste Männer seien
besonders potent, weil diese Tierchen die
schlechten Säfte wegsaugen!
An sich wäre ein Läusestich nicht
gefährlich, stärkeres Kratzen bei Juckreiz
kann zu Ekzemen führen, mehrere
Krankheiten wie Fleckfieber, Flecktyphus,
Rückfallfieber, Fünftage-Fieber und
Wohlhynisches Fieber haben Millionen
von Soldaten und Gefangenen das Leben
gekostet. Bei längerem Ausbleiben des
Wäschewechsels in Kriegs- und Notzeiten
nimmt der Lausbefall eben zu. In den
Franzosenkriegen 1812/13 starben mehr
Soldaten und Zivilisten durch Fleckfieber
als durch Kanonen und Kugeln. Noch im
Jahre 1997 starben 100.000 Menschen
während des Bürgerkrieges in Ruanda an
solchen Krankheiten.
Die echten Läuse sind blutsaugende
Außenparasiten, auch die Larven brauchen
Blut, die Eier heißen Nissen und werden
meist an die Haare angeklebt. Weltweit
kennt man etwa 500 Arten, in Mittel-
europa ca. 25. Alle sind flügellos, die
Beine haben Klauen zum Festhalten im
Haarkleid, die Augen sind ungleich rück-
gebildet, hungern können sie nur wenige
Tage, bei Fieber verlassen sie den Kran-
ken. Häufig befallen sind Huf- und Nage-
tiere, keine Läuse haben z. B. Beuteltiere,
Fledermäuse, Wale, Elefanten, Bären,
Marder, Katzen, Igel. Die Übertragung er-
folgt meist durch Körperkontakte.
Auf Meeressäugern (Robben, See-Ele-
fanten) und Land-Säugetieren leben Ver-
treter der beiden anderen Familien. Be-
sonders genannt seien jeweils spezifische
Arten an Schwein, Rind, Pferd, Esel,
Mäuse, Ratten, Spitzmäuse, Hasen, Ka-
ninchen, Hund, Ziegen, Gämsen, Rind,
Rothirsch u. a., etwa 20 Arten in Mittel-
europa.
Vertreter ganz verschiedener anderer
Tiergruppen werden auch als „Läuse“ be-
zeichnet, gehören aber nicht zu den Echten
Läusen.
Die Bienenlaus:
(Braula coeca, Familie:
Bienenläuse mit nur sieben Arten). Bei uns
nur eine Art. Winziges Tier 1 bis 1,5 mm,
Körper flach, behaart, flügellos, Augen nur
als Reste, gehört zu den Fliegen. – Die
Tiere sind nicht parasitisch, sondern er-
nähren sich beim Futteraustausch der Ar-
beiterinnen oder beim Füttern der Königin
von Pollen und Honiganteilen, wie auch
die Maden, die in den gedeckelten Zellen
leben. Bei starkem Befall, der in allen Bie-
nenvölkern möglich ist, kann die Lege-
leistung der Königin beeinträchtigt werden.
Alois Kofler – Naturkundliche Raritäten aus Osttirol
Echte und falsche Läuse
Kopflaus.
Schaflaus.
Bienenlaus.
Filz- oder Schamlaus.