Seite 5 - VP_2012_07

Basic HTML-Version

Pflegeeltern ist – im Unter-
schied zu einer Adoption –
nicht begrenzt.“
Rückkehr immer möglich
Die Pflegefamilie muss sich
laut dem Landesrat allerdings
bewusst sein, dass eine Rück-
kehr in die leibliche Familie
immer oberste Priorität hat.
„Die Anvertrauung darf nicht
mit einer Adoption verwechselt
werden“, so Eugenio Bizzotto,
Direktor es Landesamtes für Fa-
milie, Frau und Jugend. „Aber
eine Pflegefamilie bietet dem
Kind etwas, was es bis dahin
nicht oder kaum erlebte: Stabi-
lität. Und nach der Rückführung
hat es wichtige Bezugspersonen
dazu gewonnen“, betont Felix
Lantschner, seit 25 Jahren Sozi-
alassistent im Pustertal.
Pflegemutter Moratti
Daniela Moratti ist eine Pfle-
gemutter. Sie nahm im Sommer
vor fünf Jahren zu ihren zwei
leiblichen Töchtern einen
Buben in Vollzeitpflege auf. „Es
war zu Beginn alles andere als
leicht“, erzählt sie. Alle hätten
einer Eingewöhnungszeit be-
durft, viel Geduld sei vonnöten
gewesen und die Bereitschaft,
Änderungen zu akzeptieren.
Fortschritte gab es in den ersten
vier Monaten kaum. „Aber spä-
ter ist das Vertrauen des Kindes
gewachsen. Es begann ruhig zu
schlafen und in seinem Zimmer
zu singen. Jetzt lebt das Pflege-
kind seit einiger Zeit wieder in
seiner Herkunftsfamilie. Die
Rückführung erfolgte stufen-
weise. Aber er weiß, dass ihm
unsere Tür immer offen stehen
wird“, so Moratti.
Pflegefamilien bieten vorü-
bergehend Schutz und Gebor-
genheit – im Idealfall „ledig-
lich“ solange, bis sich die Situa-
tion in der Herkunftsfamilie des
Pflegekindes verbessert. Derzeit
leben in Südtirol 291 Kinder bei
Pflegeeltern. Doch deren Zahl
nimmt ab. Waren es vor über
zwei Jahren noch 142 Pflegeel-
tern, gibt es jetzt noch 106, die
ein Kind bei sich aufnehmen.
Kinder, für die kein Pflegeplatz
gefunden werden kann, müssen
in ein Heim.
Bewusstseinsbildung
Mit einer Bewusstseinsbil-
dungskampagne mit Inseraten
und Radiospots will das Land
diese Bereitschaft wieder erhö-
hen und gibt dafür 1,7 Mio €
aus. „Die finanzielle Unterstüt-
zung, die den Pflegefamilien
zukommt, ist aber sehr be-
scheiden. Sie kann deshalb
nicht der ausschlaggebende
Grund sein, ein Kind aufzuneh-
men. Man muss sich dazu
schon berufen fühlen“, erklärt
Landesrat Richard Theiner.
612 € erhält eine Pflegefami-
lie – unabhängig von ihrem
Einkommen – bei vollzeitiger
Anvertrauung, 489 € bei teil-
zeitiger Obsorge mit mehr als
sechs Stunden und 326 € bei
teilzeitiger Anvertrauung unter
sechs Stunden. Das Alter der
Rund 290 Kinder leben derzeit in Südtirol bei Pflegefamilien. Doch die Zahl
der Eltern, die sich bereit erklären, Kinder aus Familien mit Schwierigkeiten
vorübergehend bei sich aufzunehmen, sinkt. Das Land will nun in diese
negative Entwicklung eingreifen.
Pflegeeltern werden rar
CHRONIK
PUSTERTALER VOLLTREFFER
JULI/AUGUST 2012
5
59450
Die Zahl der Pflegeeltern sinkt stetig.