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NUMMER 8/2008
75. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
„Meine Zeichnun-
gen stellen für mich
eine große Firma dar.
Mit dieser kann ich
meine Umwelt besser
verarbeiten.“ So cha-
rakterisierte Günther
Steiner einst seine
Arbeit und konze-
dierte: „Das müssen
die anderen entschei-
den, ob es Kunst ist.“
1
Die anderen haben
entschieden.
Die Vorgeschichte
und die in ihr wirksa-
men Faktoren interfe-
rieren über weite
Strecken mit der Ent-
wicklung der Kunst-
werkstatt Lienz, einer
Einrichtung der Le-
benshilfe Tirol, die
als Trägerorganisa-
tion im Rahmen des
Tiroler Rehabilitati-
onsgesetzes Men-
schen mit Behinde-
rung verschiedenste
Dienstleistungen an-
bietet. Die Initiative
zur Öffnung bildneri-
scher Tätigkeitsfelder
in der Werkstätte
Lienz ab 1983 war
sicherlich auch durch
Bewegungen im öf-
fentlichen Kunstbe-
trieb angestoßen. Als
Reaktion auf die
spröde Konzeptkunst
der 70er-Jahre wurde
der „Hunger nach
Bildern“
2
einerseits von der figurativ-
expressiven Malerei der „Neuen Wilden“
geschürt. Zum anderen setzte der Auftritt
der „Künstler aus Gugging“ ein weithin
vernehmbares Zeichen
3
.
Günther Steiner begann seine Tätigkeit
in der Werkstätte 1986 nicht in der Ab-
sicht, einmal ein großer Künstler zu wer-
den. Ein Konstrukteur von Maschinen, ein
Planer und Ingenieur entsprach weit eher
seinem Berufswunsch. In der schon da-
mals als „Kunstwerkstatt Lienz“ firmieren-
den Ateliergemeinschaft fand er die Mög-
lichkeit, sich am Computer zeichnend mit
diesem Ziel auseinan-
derzusetzen und es
immer wieder kritisch
zu prüfen. Einige sei-
ner Werkstattkollegen
hatten ihre Werke
schon ausgestellt, auf
Schloss Bruck, in der
Städtischen Galerie
und bei Thaddäus
Ropac in Lienz.
Einen Berufswunsch
hatte sich noch keiner
erfüllt.
Dafür war die
Werkstatt durch ihre
öffentliche Präsenz
zum Anziehungs-
punkt für etliche
Berufskünstler ge-
worden. 1989 schlos-
sen sich Hannes
Franz, Leiko Ike-
mura, Christian Stock
und Elmar Trenkwal-
der mit Künstlern der
Kunstwerkstatt zur
gemeinsamen Werk-
schau zusammen, die
in Heidelberg, Inns-
bruck und Lienz ge-
zeigt wurde. Günther
Steiner war auch
schon dabei
4
.
Gleich zu Beginn
der 90er-Jahre wurde
die hier angebahnte
Kooperation
mit
anderen Künstlern
durch öffentlich sub-
ventionierte Work-
shops vertieft. Die
Kunstwerkstatt arbei-
tete in Form von Projekten mit Kunsthoch-
schulabsolventen zusammen, am häufigs-
ten mit den Zwillingen Christine und Irene
Hohenbüchler, deren Methodik des inte-
grativen Mit- und Ineinanders dem beider-
seitigen Wunsch nach einer Anbindung an
den überregionalen zeitgenössischen
Rudolf Ingruber
Identität und Kultur
Arbeiten in der Kunstwerkstatt Lienz
Dietmar Geppert, 2003.
Foto: Gerwin Farcher, Kunstwerkstatt Lienz