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Das war schlicht und einfach nicht zu finan-
zieren und damit war auch dieses Kapitel
für lange Zeit erledigt.
Unter dem Brand von 1609 hatte Lienz
noch lange zu leiden. So findet sich im
Grundsteuerkataster der Stadt Lienz, der
um das Jahr 1627 angelegt worden ist, also
fast 20 Jahre nach der Katastrophe, bei
nicht wenigen Häusern der bezeichnende
Vermerk „unverbaut“ oder „baufällig“.
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Die Nachwelt hat sie im Gedächtnis be-
halten, die große Brunst zu Lienz. In seiner
um die Mitte des 17. Jahrhunderts verfass-
ten „Beschreibung der fürstlichen Graf-
schaft Tirol“ schreibt Maximilian Graf von
Mohr:
„Anno 1609. Am 8ten April zwi-
schen 12 und 1 Uhr ist zu Lienz ein Feuer
aufkommen, welches in 3 Stunden die
ganze Stadt samt der Meraner Vorstadt in
die Aschen gelegt, und seind in solcher
Brunst 13 Personen erbärmlich um das
Leben kommen
.“
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Die Feuerordnung der
Stadt Lienz 1609
Diese Feuerordnung, aus konkretemAn-
lass ausgearbeitet von der nach Lienz ab-
gesandten landesfürstlichen Kommission,
erlassen vom Landesfürsten am 18. August
1609, zählt zu den ältesten ausführlichen
„Brandschutzverordnungen“ Tirols. Daher
wird deren Inhalt, der erahnen lässt, mit
welchen praktischen Problemen der
Brandschutz und die Brandbekämpfung in
früheren Zeiten konfrontiert gewesen
sind, nach heutigem Sprachgebrauch,
aber angelehnt an den originalen Text im
Folgenden wiedergegeben:
Nachdem der allmächtige Gott am 8.
April 1609 die Stadt Lienz, gelegen in der
fürstlichen Grafschaft Tirol, um 12 Uhr
Nachmittag mit einem schrecklichen Feuer
derart heimgesucht hat, dass – Mühlen,
Futterhäuser, Badestuben, Holz- und
Waschhütten nicht einberechnet – 114 Feu-
erbehausungen samt dem Karmelitenklo-
ster, der St. Johanneskirche wie auch das
Spital und dessen Kirche ab- und ausge-
brannt sind, ist deswegen zur Verhütung
künftiger Feuersbrünste nachfolgende Bau-
und Feuerordnung beschlossen worden.
1. Sollen alle Bürger und Inwohner und
ihre Angehörigen jedes Jahr am 8. April im
Rahmen einer Prozession das Heilige
Altarsakrament aus der Pfarrkirche
St. Andrä in die Stadt zur St. Johanneskir-
che begleiten. In dieser Kirche soll dann
ein gesungenes Amt und eine Predigt ge-
halten werden. Jeder soll den allmächtigen
Gott mit großer Andacht und Inbrunst an-
rufen und bitten, dass seine göttliche All-
macht die Stadt Lienz vor derartigen
Feuer- und anderen Gefahren künftig gnä-
dig bewahren und abwenden wolle.
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2. Es sollen alle Häuser in der Stadt
Lienz möglichst keine ausragenden Vor-
dächer oder Vorschupfen haben. Vielmehr
sollen die Dächer mit Zinnen oder Mantel-
mauern abgeschlossen werden sowie die
Rauchfänge oder Kamine mindestens vier
bis fünf Werkschuh über das Dach aufge-
baut werden.
3. Es soll jeder Bürger oder Inwohner
nicht mehr Brennholz in seinem Haus la-
gern, als er ungefähr für ein halbes Jahr be-
nötigt. Das andere Brennholz soll an einer
Lagerstätte, die außerhalb der Stadt und den
Vorstädten liegt und die die Gerichtsherr-
schaft noch anzeigen wird, gelagert werden.
4. Man möge darauf bedacht sein, einige
Ritschen oder Bäche, abgeleitet von der
Drau und der Isel, durch die Wasser in die
wichtigsten Gassen geführt werden kann,
sowie einige große Brunnen anzulegen.
5. Die Futterhäuser und Stadel aus Holz
sollen künftig nicht zugelassen sein, viel-
mehr sollen sie bis hinauf unter das Dach
gemauert sein. Das hat auch für die Ställe
zu gelten, die im Inneren möglichst Stein-
gewölbe haben sollen.
6. Wie bisher soll es die vielen Badstü-
belen in den Häusern nicht mehr geben.
An ihrer Stelle sollen ein oder zwei öffent-
liche Badstuben errichtet werden.
7. Es sollen sechs große und zehn kleine
Feuerhaken und „Langier“ samt den lan-
gen Stangen sowie sechs große und zehn
kleine Leitern samt den Gabeln, um sie
aufzurichten, angeschafft und geschützt an
mehreren angewiesenen Orten in der Stadt
stationiert werden, damit sie bei akuter
Feuersgefahr vom Fuhrwerk des Spitals
rasch abgeholt werden können. Die Haus-
knechte und die Zimmerleute sind ver-
pflichtet, beim ersten Glockenstreich zu
den Lagerungsorten zu eilen, um die
Feuerhaken und Leitern zu holen und an
den Brandort zu schaffen, und das Feuer
löschen zu helfen. Nach den Löscharbeiten
haben sie das Gerät wieder dorthin zu
OSTTIROLER
NUMMER 3-5/2009
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HEIMATBLÄTTER
Der hl. Florian erfuhr in Lienz, das öfters von Bränden heimgesucht worden ist, immer eine
große Verehrung. – St. Florian inmitten einer mittelalterlichen Stadt, Fresko des Simon von
Taisten in der Kapelle von Schloss Bruck, um 1490/1496.
Foto: Meinrad Pizzinini
Barocke Plastik des hl. Florian im Kloster
der Dominikanerinnen; leider ist ihm der
Löschkübel abhanden gekommen.
Foto: Silvia Ebner
St. Florian-Brunnen mit dem Lienzer
Stadtwappen, geschaffen von Jos Pirkner,
1956, auf dem Hauptplatz.
Foto: Meinrad Pizzinini