Seite 1 - H_2009_8-9

Basic HTML-Version

NUMMER 8-9/2009
77. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
In Osttirol kennen wir zwei an der Rot-
Färbung der Vorderflügel leicht kenntliche
Arten dieser Gattung:
Cercopis vulnerata
(die gemeine, „blutrote“) und ihren Dop-
pelgänger
Cercopis sanguinolenta
(die
„blutige“).
Blutrote (Gemeine) Zikade
(Cercopis
vulnerata)
(Kuratorium 2009: Faltblatt):
Osttirol: Dölsach: Agunt, Kapaun; Kar-
titsch: Hollbruckertal; Lavant; Nikolsdorf:
Lengberg, Nörsach, Flugplatz; Ober-Nuß-
dorf: Tschappler; Obertilliach; Tristach:
Kreithof. – Nur zehn Fundorte von 1978
bis 2005, in Höhen bis 1.450 m (Holl-
bruck, Obertilliach), 1.050 am Kreithof,
1.300 m am Nußdorfer Berg. – Weitere
Funde in Kärnten: Kapellerteich bei
Spittal (Kofler & Krainer 1998), Nordtirol,
Südtirol, Bayern: Kehlsteinhaus bei Berch-
tesgaden 1984 noch bei 1.830 m.
Vorkommen: fast ganz Europa, lebt auf
Magerrasen, Weiden, Lichtungen, an Weg-
rändern, in Hochstaudenfluren (auch sub-
alpin), lichten Wäldern, kaum in Mäh-
wiesen und auf verschiedenen Kräutern,
bis mindestens 1.500 m (Holzinger et al.
2003).
Blutige Zikade
(Cercopis sanguino-
lenta):
Etwas häufiger: 1977 bis 2007 an fast 20
Fundorten und manchmal zahlreich.
Außerhalb des ganzen Lienzer Talbodens
aber nur in Virgen: Obermauern, Kals:
Unterpeischlach, Matrei: Huben, Assling:
Mittewald und Schrottendorf. Nur einzeln
in mittleren Höhenlagen z. B. Thurn:
Tschule Alm 1.410 m.
Die Tiere sind wie alle Zikaden Pflan-
zenblatt-Sauger, brauchen dazu einen Rüs-
sel und leben auf verschiedenen Pflanzen.
Viele Fressfeinde machen ihnen das Leben
schwer: Raubwanzen, Raubfliegen, Libel-
len, Heuschrecken, Ameisen, Spinnen,
auch Vögel. Als Schutz davor dient einmal
die auffällige Färbung, dann eine übelrie-
chende Flüssigkeit an den Fußspitzen und
das Leben der Jungtiere in Schaumnestern,
im Ernstfall auch ein heftiger Sprung der
ausgewachsenen Tiere. Diese überwintern
in der Bodenschicht, die schlüpfenden Lar-
ven häuten sich fünfmal und leben im
Schaumnest an den Pflanzen, gut gesichert,
denn Ameisen oder Spinnen werden
„nachhaltig verklebt“. Insgesamt also ein
mehrfaches System als Schutz vor Feinden
(Kuratorium 2009).
Neben zahlreichenArten von Kleinzika-
den nur eine einzige Echte Singzikade: die
Berg-Zikade
(Cicadetta montana)
(Kofler
1971):
Amlach: Klammbrücke 16.7.1986
1.100 m; Leisach: Lienzer Klause
9.7.1979 H. Deutsch; Nikolsdorf: Leng-
berg 24.5.2005 H. Deutsch; Tristach:
Dolomitenhütte 1.620 m 7.6.1969 Taschler
und 20.6.2001 Deutsch, jeweils vereinzelt
und nur Weibchen. – Im benachbarten
Kärnten: Berg im Drautal, Hubertusweg,
25.5.1997. Die Verbreitung der fünf Sing-
zikaden in Österreich ist genauer bei
Schedl 2002 bearbeitet.
Die Trennung dieser Artengruppe nach
den Lautfolgen ihres Gesanges wird bei
Trilar & Holzinger (2004) ausführlich mit
Sonogramm und Oscillogramm darge-
stellt. Zu welcher der drei Arten: Cicadetta
montana, C. brevipennis oder C. cerda-
niensis die Tiere aus Osttirol zu rechnen
sind, müsste noch geprüft werden. Die
Großart kennt man aus der ganzen Palä-
arktis (Holzinger et al. 2003:482).
Literatur:
H
OLZINGER
, W. E., I. K
AMMERLANDER
& H. N
ICKEL
(2003):
Die Zikaden Mitteleuropas Bd. 1: Fulguromorpha, Cicado-
morpha excl. Cicadellidae. – Verl. Brill Leiden Boston.
K
OFLER
, A. (1971): ZumVorkommen von Bergzikade und
Holzbiene in Osttirol. – Osttiroler Heimatblätter 39(1):4.
K
OFLER
, A. & K. K
RAINER
(1998): Zur Kleintierwelt am
Kapellerteich bei Spittal. – Kärntner Naturschutzberichte
3:102-110.
Kuratorium Insekt des Jahres 2009 (Hrsg.) (Red.: E.
S
CHUBERTH
, J. Z
IEGLER
) Die Gemeine Blutzikade Cercopis
vulnerata. Deutschland, Österreich, Schweiz. – Faltblatt.
S
CHEDL
, W. (2002): Die Verbreitung der fünf Singzikaden
in Österreich (Hemiptera: Cicadoidea). – in: H
OLZINGER
W.E.
(Red.): Leafhoppers, Planthoppers and Cicadas (Insecta:
Hemiptera: Auchenorrhyncha). – Denisia 4: 231-240.
T
RILAR
, T. & W. E. H
OLZINGER
(2004): Bioakustische
Nachweise von drei Arten des Cicadetta montana-Komple-
xes aus Österreich (Insecta: Hemiptera: Cicadoidea): – Lin-
zer Biologische Beiträge 36/2:1383-1386.
Alois Kofler
Insekt des Jahres 2009: Die Gemeine
Blutzikade (Cercopis vulnerata)
Cercopis vulnerata (obere Reihe) – Cerco-
pis sanguinolenta (untere Reihe).
Berg-Zikade: Cicadetta montana – Weib-
chen: Dolomitenhütte; letzte Larvenhaut
(Exuvie): Lengberg. Fotos: Alois Kofler