Seite 6 - H_2010_08-09

Das ist die SEO-Version von H_2010_08-09. Klicken Sie hier, um volle Version zu sehen

« Vorherige Seite Inhalt Nächste Seite »
OSTTIROLER
NUMMER 8-9/2010
6
HEIMATBLÄTTER
Deutsche Namen für Pflanzen und
Tiere gibt es nur bei wenigen Gruppen und
oft für die gleiche Art mehrere Bezeich-
nungen je nach Ort, Dialekt, Volksgruppen
usw., daher mehrdeutig oder ungenau.
Bei den Tieren gehen die weltweiten Ar-
tenschätzungen weit auseinander, derzeit
werden meist 15 oder 30 Millionen als rea-
listisch angesehen, viele sind noch zu be-
schreiben, neueste Zahl für Österreich der-
zeit 45.870 (G
EISER
1998). Bei Pflanzen
etwa 500.000 Arten. Am wenigsten er-
forscht sind die Tropen, vor allem deren
Urwälder und die Tiefseeregionen.
Seit Karl v. L
INNÉ
(L
INNAEUS
1707-
1778, Uppsala) verwendet man eine inter-
nationale weltweite Regelung für die Be-
nennung der Tiere und Pflanzen, die durch
die Internationale Nomenklatur-Kommis-
sion in Paris dauerhaft überprüft wird und
Fehler durch doppelte Namensgebung ver-
meiden hilft (deutscher Text K
RAUS
1962).
Auch immer wieder notwendige Umbe-
nennungen (Synonymien) unterliegen die-
ser Vorschrift.
Die Binäre Nomenklatur (zwei Namen
pro Art) regelt das zoologisch-botanische
Artensystem. Dabei hat die Definition der
Art mehrfach gewechselt und konzentriert
sich auch in DNA-Analysen, vor allem zur
Klärung der verwandtschaftlichen Bezie-
hungen. – Innerhalb der Art wird offiziell
die Unterart (subspecies: trinäre Nomen-
klatur, drei Namen) geführt, zu deutsch
auch Rasse genannt, sie hat aber mit den
Haustier-Rassen bei Hund oder Katze,
Rind und Pferd etc. meistens nichts zu tun,
ausgenommen davon sind auch individu-
elle Abweichungen von Form und Farbe.
Bei den Mineralien besteht auch das
Bestreben, die Namensregelung zu verein-
heitlichen: so sollen in Zukunft alle Be-
zeichnungen dazu auf -it enden (z. B. Calcit
statt Kalkspat, Siderit statt Eisenspat oder
Spateisenstein), für etwa 4.500 Mineralien
scheint diese Vereinheitlichung leichter zu
sein als bei den Lebewesen, allerdings
haben sich viele Trivialnamen schon lange
manifestiert, dazu kommt die Formel für die
chemische Zusammensetzung und deren ei-
gene Nomenklatur. Der Plan braucht noch
länger zur Verwirklichung. Auch die inter-
nationale Benennung der einzelnen paläon-
tologischen Zeitalter und deren zeitliche
Festlegung samt Dauer hat lange gedauert.
Der Artname beschreibt über Typenfest-
legung ein Einzelindividuum oder eine
Gruppe.
Die Gattung umfasst Artengruppen so-
weit eben bekannt, Gattungen werden in
Familien, diese in Ordnungen, weiter in
Klassen usw. eingeteilt. – Die vielfach ge-
brauchten Unter- und Über-Gruppierungen
werden oft ausgelassen oder bei rein sys-
tematischen Arbeiten verwendet.
Vergleichsbeispiele nach H
EGI
et al. 1977
wären: Edelweiß:
Leontopodium alpinum
(Familie: Korbblütengewächse Asteraceae):
Edelweiß, Irlweiß (Oberbayern), Hanetabbe
(Allgäu), Jagerbleaml, Bauchwehblume
(Salzburg), Staila alpina (Graubünden). –
Bei den Alpenrosen sind zwei Arten zu
trennen:
Rhododendron ferrugineum (
Rost-
blättrige Alpenrose) und
Rh. hirsutum
(Be-
wimperte Alpenrose). Erstere nennt man
Echte Alpenrose, die zweite Almrausch und
für sie noch über 30 Namen imAlpenraum
z. B.: Jochrosen, Melcherrosen, Schinder-
latschen, Zuntern, Donnerbuschen, Rausch-
kraut, Almbux, Oswaldstauden, Hühner-
staude, Rafausle. – Zahlreiche andere Fälle
gibt es bei Pflanzen und Tieren.
Bei populärwissenchaftlichen Abhand-
lungen ist es nicht sinnvoll, die lateini-
schen Namen einfach auszulassen, weil die
deutschen allein eben nicht immer ein-
deutig sind und international auch nicht
verständlich.
Musterbeispiel: Auswahl von Arten
Echter Wespen (G
USENLEITNER
2008):
Familie: Vespidae: Soziale Faltenwespen,
also staatenbildend (wie Ameisen, Termiten).
°°
Vespa crabro
Linnaeus, 1758 (Name
des Beschreibers und Jahreszahl dazu wird
in weiterer Folge ausgelassen, da hier un-
erheblich, sonst aber vorgeschrieben.):
Hornisse
°° Langkopfwespen: Abstand zwischen
Kiefer und unterem Augenrand lang.
Dolichovespula media
: Mittlere Wespe
Dolichovespula norwegica
: Norwegi-
sche Wespe
Dolichovespula saxonica
: Sächsische
Wespe
Dolichovespula sylvestris
: Waldwespe
Dolichovespula adulterina
: Sozialpara-
sit bei
D. saxonica
und
D. norwegica
(Ku-
ckuckswespe)
Dolichovespula omissa
: Sozialparasit
bei
D
.
sylvestris
(Kuckuckswespe).
°° Kurzkopfwespen: Abstand zwischen
Kiefer und unteremAugenrand viel kürzer.
Vespula germanica
: Deutsche Wespe
Vespula rufa
: Rote Wespe
Vespula vulgaris
: Gewöhnliche Wespe
Vespula austriaca
: Österreichische
Wespe: Sozialparasit bei
P. rufa
(Ku-
ckuckswespe).
°° Feldwespen: Nest viel kleiner, ohne
Außenhülle: Zellen frei sichtbar.
Polistes biglumis
: deutscher Name?
Polistes bischoffi
: Zierliche Feldwespe
Polistes dominulus
: Name?
Polistes nimpha
: Name?
Polistes semenowii
: Name?: Kuckucks-
wespe bei
P. dominulus
und
P. nimpha
.
Polistes sulcifer
: Name?: Kuckucks-
wespe bei
P. dominulus
.
Schon bei dieser kleinen Gruppe großer
und auffallender Insekten konnte bei sechs
Polistes-Arten nur ein deutscher Name ge-
funden werden. Die Erkennung und Tren-
nung der Arten im Gelände ist nicht immer
möglich (auch Hornissen können den
Weibchen der Mittleren Wespe sehr
ähneln), daher muss man Einzelstücke
mitnehmen und braucht immer spezielle
Bestimmungtabellen, ein gutes Mikroskop
und Vergleichstiere, also eine Sammlung.
Hornisse beim Saftsaugen am „Schmuck-
körbchen“-Stengel. Alle Fotos: A. Kofler
Hornissennest am Wegkreuz.
Alois Kofler
Zur Kenntnis einheimischer Wespen:
Benennung und neue Funde