Bakterien sollen bei Diagnose und Therapie von Krebs und Diabetes helfen


Bakterien sollen bei Diagnose und Therapie von Krebs und Diabetes helfen

Sie gehen im Körper auf Streife und senden Alarmsignale, wenn der Urin einen gefährlichen Anstieg des Blutzucker-Anteils aufweist: Künstliche Bakterien sind in der Lage Krankheiten zu erkennen und diese auch zu überwachen.

Genetisch veränderte Lebewesen in der Diagnostik

Künstliche produzierte Bakterien können bei einer Urinprobe dazu verwendet werden, Krankheiten wie Krebs oder Diabetes festzustellen. Im Fachjournal "Science Translational Medicine" wurden zwei vielversprechende Ansätze veröffentlicht, welche das Talent der lebenden "Bactosensoren" beschreiben.

Bislang wurden künstlich manipulierte Lebewesen primär in der Herstellung bestimmter Wirkstoffe und Substanzen genutzt. Doch künftig sollen diese Lebewesen auch dazu verwendet werden, Diagnosen zu stellen und Therapien anzusetzen, so hoffen die Forscher. Ein französisches Team war damit beschäftigt genetisch manipulierte Escherichia-coli-Bakterien so einzubetten, dass Signale innerhalb des technischen Systems abgelesen werden können, wie diese auch von Diagnostik-Geräten angezeigt werden.

Wissenschaftler berichten, dass die bessere Handhabung der Bakterien durch das Einbetten in Hydrogel-Kügelchen realisiert wurden. Diese Optimierungen wurden sowohl im Unternehmen Alcediag in Montpellier und der französischen Forschungsorganisation CNRS vorgenommen.

Ergebnis erst nach 18 Stunden

Handelt es sich um ein erhöhtes Glukose-Level welches in den Urinproben von Diabetikern erkennbar ist, wird eine Farbveränderung ausgelöst, welche auf ein rot fluoreszierendes Protein zurückzuführen ist. Dazu schreiben die Forscher, dass die Bactosensoren reproduzierbar und ähnlich akkurat arbeiten, wie es gewöhnliche Teststäbchen tun.

Dieser Ansatz könnte auch für die Erkennung typischer Biomarker in Bezug auf andere Krankheiten geeignet sein. Allerdings wird die Dauer des Prozesses aktuell noch als Nachteil ausgewiesen, da die Signale beim Prototypen erst 18 Stunden später ausgelesen werden konnten. Torsten Waldminghaus, Forscher am Zentrum für Zentrum für Synthetische Mikrobiologie erklärt zu der Arbeit, dass die Biosensoren ein großes Forschungsfeld umfassen, in welches viel investiert wird.

Die Tatsache, dass bei einem spezifischen Marker in der Probe Farbveränderungen abgelesen werden können, welche durch Bakterien herbeigeführt wurden, liefert großes Potenzial für einfache, sensitive und preiswerte Systeme.

So sei das Ergebnis des Teams als Test für die entsprechende Methode zu sehen. Es sei noch nicht wahnsinnig beeindruckend, wenn es mit den herkömmlichen Verfahren verglichen wird, so Waldminghaus.

Lichtemittierende Moleküle für den Nachweis im Urin

Der Forscher ergänzt weiter, dass die Sensitivität der Biosensoren als Hauptvorteil angesehen werden kann. Schließlich sei es nicht leicht sie zu konstruieren. Die anschließende Herstellung sei dagegen einfach zu handhaben, da sich die Biosensoren selbst vermehren. Die Selbstreproduktion senkt die Kosten und macht somit großflächige Einsätze möglich. So könnte beispielsweise auch Sprengstoff auf Minenfeldern möglich sein.

US-Forscher im Team von Tal Danino haben am Massachusetts Institute of Technology (MIT) künstliche Bakterien hergestellt, welche anhand einer Urinprobe Leber-Metastasen anzeigen. Leber-Tumore, welche sich auf in anderen Organen zurückgehende Metastasen gebildet haben, werden meistens zu spät entdeckt.

Dennoch sind diese gut behandelbar, betont  Maximilian Leitner, der Medizinexperte von der Online Klinik 121doc.at. In vielen Fällen arbeitet die Leber noch lange Zeit weitgehend normal, sodass sich Metastasen oft erst im fortgeschrittenen Stadium mit den bildgebenden Mitteln erkennen lassen. Das MIT-Team in Cambridge nutzte als Ausgangsbakterium einen E. Coli-Stamm. Dabei handelte es sich um das E. coli Nissle 1917 welches als Probiotikum verwendet wird. Durch die genetische Veränderung wurden die Zellen auf diese Weise dazu gebracht, das Enzym Beta-Galactosidase zu bilden.

Dieses Enzym wird eine Substanz beigefügt, welche dann zu lichtemittierenden Molekülen gespaltet wird, welche sich in den Urinproben sehr leicht nachweisen lassen. Und auch die Forscher konnten sich darüber hinaus die Eigenheit zunutze machen, welche manche Bakterienarten aufweisen. Diese vermehren sich bevorzugt in Krebsgeschwüren und bieten dem Immunsystem dort Schutz und Nahrung.

Erfolgreicher Test an Mäusen

Die künstlich veränderten E. Coli-Bakterien wurden an Mäuse verfüttert, wo diese die Darmwand passierten und vorhandene Tumore besiedelten. Das gesunde Lebergewebe und auch andere Organe wurden dabei nicht bewachsen. Die Bakterien setzten in den Metastasen das Enzym frei, welches wiederum die beigefügte Substanz spaltete. Dabei ist ein lichtemittierendes Molekül entstanden, welches im Urin nachgewiesen werden konnte, da es sich rot färbte.

Das System wurde an verschiedenen Mäuselinien getestet, welche Metastasen aufwiesen, die auf Tumore im Darm, in der Lunge, an den Eierstöcken oder der Bauchspeicheldrüse existent waren. Dazu schreibt Daninos Team, dass die Metastasen in allen Fällen sicher nachzuweisen waren. Im Jahr nach dem Bakterieneinsatz habe es keine ernsten Nebenwirkungen bei den Mäusen gegeben.

Bildquelleangabe: (c) Tomasz Nieweglowski - shutterstock.com


11.06.2015

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