Helga Pöcheim (Kötschach-Mauthen)


Helga Pöcheim (Kötschach-Mauthen)

14.06.2024

Das Leben ist ein Nehmen und Geben

 

Mag.a Helga Pöcheim (60) zeichnet seit 2011 als Intendantin des Via Iulia Augusta-Kultursommers verantwortlich und bringt schon zum 13. Mal namhafte Musikerinnen und Musiker und aufstrebende Talente in die „Via“-Partnergemeinden Kötschach-Mauthen, Dellach/Gail und Oberdrauburg. Heuer steht die tälerübergreifende Zusammenarbeit unter dem Motto „woher? wohin?“ und findet vom 12. Juli bis 18. August statt. 2022 wurde Helga Pöcheim für ihre engagierte Kulturarbeit mit dem Ehrenzeichen des Landes Kärnten ausgezeichnet. „Theoretisch“ ist die leidenschaftliche Ö1-Hörerin und Spezialistin für das Werk Ingeborg Bachmanns seit Herbst 2023 in Pension, aber weiterhin in Sachen Kunst und Kultur aktiv. Sie lebt mit ihrer Mutter Annemarie Unfer in Kötschach-Mauthen.

 

OVT: Frau Pöcheim, wie sehen Sie heute Ihre Auszeichnung von 2022?

Helga Pöcheim: Es war eine schöne Überraschung, weil ich damit ja nicht gerechnet habe. Ich habe mich natürlich riesig gefreut über diesen Ausdruck der Wertschätzung. 

Wie würden Sie den Lesern den VIA-Kultursommer skizzieren? 

Jeden Sommer entsteht in interkommunaler Zusammenarbeit ein reichhaltiges Programm mit „Musik aus allen Richtungen“ an den schönsten Platzln der drei Gemeinden. Der VIA-Kultursommer serviert den Bewohnern und Gästen musikalische Feinkost sozusagen vor die Haustür, verknüpft sie mit der Schönheit der Landschaft und allerhand Wissenswertem. Das jeweilige Motto bildet den roten Faden für die Zusammenstellung des Programms. Heuer stehen mit „woher? wohin?“ Menschen und Musik im Zentrum, die freiwillig unterwegs oder zur Ortsveränderung gezwungen sind.

Haben Sie persönliche Favoriten unter den Musikern?

Oh, das würde eine lange Liste werden – die Ensembles und Musikerpersönlichkeiten, die ich zu uns einlade, sind ja meine persönlichen Favoriten. Der VIA ganz besonders verbunden ist Otto Lechner, der blinde Akkordeonvirtuose aus Gansbach/NÖ, der das Akkordeon aus der Volksmusik-Ecke herausgeholt hat, international hohes Ansehen genießt und in unterschiedlichen Konstellationen regelmäßig bei uns zu Gast ist. Der Akkordeonist Paul Schu-berth ist erstmals als 19-Jähriger mit seinem „Trio Akk:zent“ bei uns aufgetreten. Er hat das Via Iulia Augusta-Klanglogo komponiert („Auf Augenhöhe“, 2021), das schon von vielen Ensembles in unterschiedlichster Besetzung gespielt wurde. Ich kenne kein anderes Festival, das eine „Signation“ hat.

Wie kam einst die Idee für die VIA-Konzerte zustande? 

Das Konzept habe ich von meinem Vorgänger Silvano Piovesan, dem ich zuvor einige Jahre assistiert hatte, übernommen und weiterentwickelt. Er war ein italienischer Kulturmanager, der in Kötschach gelebt hat, mit ausgezeichneten Kontakten in die Welt der Klassik. Ich habe die Vielfalt der musikalischen Stilrichtungen und Spielorte zum Prinzip gemacht und außermusikalische Elemente hinzugefügt. Es gibt jeden Sommer Neues zu entdecken. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an all die vielen wohlwollenden Gastgeber und Unterstützer, die das möglich machen!

Was erwartet denn die Besucher nun heuer? Können Sie uns was verraten?

Das Programm steht ja schon seit Beginn des Jahres fest. Es umfasst insgesamt zwölf Veranstaltungen mit Klassik, Jazz und Weltmusik, zwei davon „unterwegs“ in Friaul. Die syrische Sängerin Basma Jabr präsentiert mit ihrer Band starke Frauenstimmen aus der arabischen Welt. Interdisziplinäre Akzente setzen ein historisch-literarischer Vortrag mit Publikumsgespräch über die Gailtaler Auswanderungsbewegung nach Amerika, eine geführte Wanderung über den Plöckenpass, eine Busfahrt nach Aquileia und Malborghetto und eine Filmvorführung alles begleitet mit hochkarätiger Musik. Und wie immer locken wir das Publikum aus nah und fern an außergewöhnliche Konzertorte, z. B. an den Grünsee im Plöckengebiet.

Apropos außergewöhnliche Konzerte: Sie werden auch außergewöhnliche Gäste begrüßen dürfen!

Ja, ich freu mich sehr auf die Eröffnungsrede von Dr. Wolfgang Waldner, den aus dem Gailtal stammenden Kulturmanager, Kulturpolitiker und Botschafter a. D. in den Vereinigten Staaten. Zum Abschlusskonzert im Garten des Lindenhofs in Oberdrauburg erwarten wir den Besuch von Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser und Nadja Kayali, die Intendantin des Carinthischen Sommers. Da gibt es heuer erstmals eine Kooperation, ein Gastspiel für das ganz junge Publikum. 

Lassen Sie uns noch kurz auf die Namensgeberin des Kultursommers eingehen, die antike Römerstraße „Via Iulia Augusta“. 

Sie ist seit 2.000 Jahren die Verbindung von Aquileia über den Plöckenpass nach Norden in den Zentralalpenraum, Julius Cäsar und Kaiser Augustus sind die Namenspatrone. Sie steht sinnbildlich fürs Unterwegssein, für Austausch und gut gepflegte nachbarschaftliche Beziehungen. In der Nähe von Venzone gabelt sich die VIA in die Plöckenstraße und die Eisental- und Kanaltalstraße, die über Tarvis nach Villach führt. Die Plöckenpass-Straße ist eine Lebensader für die Bevölkerung und für die Wirtschaft im Oberen Gailtal und in der Carnia. Die Wanderung auf den Spuren der alten Römerstraße samt Konzert hatten wir schon vor dem Felssturz mit seinen desas-trösen Folgen geplant.

Sie bleiben auch nach Ihrer Übersiedlung von Wien nach Kärnten Ihren früheren Tätigkeiten als Übersetzerin und Erwachsenenbildnerin treu?

Ja, ich arbeite wieder freiberuflich als Übersetzerin und werde ab kommendem Herbst Italienisch-Kurse hierzulande geben. In erster Linie aber bestimmt der VIA-Kultursommer mein Tun, die Vorbereitungen für die Saison 2024 und die Planung für die nächsten zwei Jahre. In Summe hat mir daher ein Tag oft zu wenig Stunden. 

Andererseits: Welchen Wunschtraum hätten Sie noch? 

Eine lange Reise durch ganz Italien, auch eine Ö1-Kulturreise reizt mich. Außerdem hätte ich gern einmal genug Mittel zur Verfügung, um das Radiosymphonieorchester mit Marin Alsop an die VIA engagieren zu können. Ein Fagottquartett aus dem RSO war bereits zu Gast, das ist schon mal ein guter Anfang.

Und, zum Abschluss gefragt, lesen Sie gern den OVT? 

Ja klar. Ich bin Stammleserin und froh darüber, dass er „von selbst“ ins Haus kommt.  Er deckt gut ab, was sich in verschiedensten Bereichen in Oberkärnten so tut. Ich mag besonders das Editorial von Harald Angerer und die Porträts von Karl Brunner, weil er stets interessante Leute herauspickt.

 

 

 

Kurz gefragt:

Helga Pöcheim
(Kötschach-Mauthen)

Kulturschaffende aus Kötschach-Mauthen

Sternzeichen: Löwin

Ich bin..: Feuer und Flamme für das, was ich tu‘, mit Verstand und Herzblut

Leibgericht: Fisch in vielerlei Variationen

Lieblingsblume: Sonnenhut in allen Farben und Sumpfdotterblumen

Lebensmotto: Glück ist eine Frage der Einstellung, der glückliche Zufall trifft nur die, die vorbereitet und aufmerksam sind.


 


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