Seite 41 - Gemeindezeitungen

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Virgen
Aktiv
Österreich vor 70 Jahren
I
41
Osttirol
Im Gegensatz zu den blutigen Kämpfen
an den Fronten, scheint dieses Jahr im
weit entfernten Hinterland ziemlich
ruhig verlaufen zu sein.
Am
9. Juni
stürzte ein amerikanischer
Bomber bei Thurn ab; von den zehn
Mann der Besatzung konnten neun mit
dem Fallschirm sicher landen, beim
zehnten öffnete sich dieser „Rettungs-
anker“ nicht.
Gezielte Luftschläge gegen Osttirol setz-
ten in der ersten Hälfte des November
ein und betrafen vor allem Orte an der
Bahnlinie, insbesondere Lienz und Sil-
lian. Weitere Angriffe erfolgten am
22.
November
und am
6. Dezember
, ver-
ursachten aber keine gravierenden Schä-
den.
„Osttiroler Heimat“: Mit diesem mo-
natlich aufgelegten, jeweils ca. 20 Seiten
starken Blatt versuchte die Kreisleitung,
an der Front stehende Osttiroler Solda-
ten „aufzubauen“. Inhalt waren natürlich
keine echten Feldpostbriefe, sondern von
Propaganda strotzende Beiträge. Als Bei-
spiele seien Artikel über das Kreisschie-
ßen, die Verherrlichung der „Osttiroler
Heldensöhne des Jahres 1809“ und aus-
führliche Berichte vom neu geschaffenen
„Volkssturm“ genannt.
Bemerkenswert ist auch noch, dass 1944
die Zahl der Deserteure im Bezirk stark
anstieg. Soldaten auf Heimaturlaub
rückten nicht mehr zu ihrer Truppe ein,
weil sie glaubten, mit Unterstützung der
Familie das (nahe) Kriegsende in einem
Versteck abwarten zu können. Da nur
wenige Schicksale gut dokumentiert
sind, kann nicht gesagt werden, wie vie-
len das gelang. Jene, die durch zufällige
Entdeckung oder Verrat „aufflogen“ und
zu langjähriger Haft verurteilt wurden,
hatten insofern Glück, als ja die Nazi-
herrschaft nach wenigen Monaten ihr
Ende fand. Anderen erging es schlechter:
mit der Versetzung in eine Strafkompa-
nie reduzierte sich die Chance, den
Krieg lebend zu überstehen, auf ein
Minimum. Und schließlich sind auch
Todesurteile bekannt, sie wurden gefällt,
wenn sich der „Ertappte“ gegen seine
Festnahme zu wehren versuchte.
Virgen
Es liegt nur eine einzige Notiz vor, die,
nicht wörtlich zitiert, folgendes aussagt:
Am 13. 6. 1944 überflogen feindliche
Bomber in Wellen von 20 bis 60 Ein-
heiten fortwährend den Luftraum von
Virgen und Prägraten. Insgesamt werden
es wohl an die 700 Flugzeuge gewesen
sein. Nordöstlich vom Wetterkreuz auf
dem First wurde eine Bombe abgewor-
fen, und nördlich von Bobojach fielen
zwei Bomben auf den sogenannten
Eselsrücken. Größere Schäden entstan-
den durch diese Abwürfe nicht.
Otfried Pawlin
Quellenangabe:
Druckwerke:
Div. Autoren: „Chronik des Dritten Rei-
ches“ in der Sammlung „Österreich
1938 – 1945, Dokumente“, Archiv-
Verlag, Wien
Dr. Martin Kofler: „Osttirol im Dritten
Reich, 1938 – 1945“, Studien-Verlag,
Innsbruck, 1996, ISBN 3-7065-1135-5
Dr. Martin Kofler: „Osttirol – Vom Ers-
ten Weltkrieg bis zur Gegenwart“, Stu-
dien-Verlag, Innsbruck, 2005, ISBN
3-7065-1876-7
Protokolle des Gendarmeriepostens Vir-
gen, 1923 – 1973
Internet:
http://de.wikipedia.org/wiki/
Attentat_vom_20._Juli_1944
http://de.wikipedia.org/wiki/
Erwin_Rommel
Bildnachweis:
Abb. 1: http://www.aeiou.at/aeiou.
encyclop.data.image.w/w545058b.jpg
Abb. 2: https://www.in-die-zukunft-
gedacht.de/.../wolfsschanze_attentat_
1944 ...
Abb. 3: Aus dem Buch von Dr. Martin
Kofler: Osttirol – Vom Ersten Weltkrieg
...“ siehe oben
Abb. 4: Bildarchiv der Gemeindechronik,
Foto: Dina Mariner, Lienz
Zweites Kreisschießen in Lienz (Anfang Juni 1944): Einzug der Schützenkompanie Virgen.
Dieses Häuflein von Schützen kann man wohl kaum als „Kompanie“ bezeichnen, doch die
jüngeren Männer standen ja im Kriegsdienst.